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Klimaentwicklung im Norddeutschen Tertiär - eine Kohärente Detailrekonstruktion vom Paläozän bis zum Pliozän

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 20006444
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bisher existierten für das kontinentale Känozoikum im Gegensatz zum marinen Bereich keine detaillierten Datensätze und Kurven, die die Entwicklung des Paläoklimas und dessen Stabilität / Variabilität über längere Zeiträume hinweg dokumentieren. Die bisher aus der Analyse von Makrofloren verfügbaren Klimakurven zeigen wegen der dort gegebenen geringen zeitlichen Auflösung lediglich generelle Trends. In dem von der DFG geförderten Forschungsvorhaben wurden durch Auswertung von 9 Pollenprofilen mit insgesamt ca. 2140 Mikrofloren aus dem Känozoikum des nördlichen Zentraleuropa (Lower Rhine Basin, Southern North Sea Basin, Polish Lakeland) mit dem klassischen Koexistenzansatz und einem im Projekt neu entwickelten Verfahren analysiert, das durch Kalibrierung der Ergebnisse im heutigen Klimaraum eine signifikant höhere klimatische Auflösung liefert. Auf der Basis des palynologischen Befundes konnten detaillierte, quantitative Klimakurven für 3 Temperatur- (mean annual temperature, warm and cold month mean) und 4 Niederschlagsparameter (mean annual precipitation, mean monthly precipitation in the driest, wettest and warmest month) rekonstruiert werden, deren zeitliche Auflösung teilweise bis zu ca. 10 ka beträgt und damit geeignet ist, selbst orbitale Klimazyklen aufzulösen. An Hand der im Projekt erzeugten Daten und Kurven wurde die Klimaentwicklung im nördlichen Zentraleuropa im Zeitraum Paläozän bis Pliozän detailliert untersucht. Besonderer Schwerpunkt war die Analyse der Klimavariabilität und der Sensitivität des Regionalklimas bezogen auf globale Ereignisse und Klimasignale. Die im Projekt durchgeführten quantitativen Auswertungen ermöglichen die detaillierte Darstellung der Klimaentwicklung im nördlichen Zentraleuropa in einem Zeitraum vom Paläozän bis zum Pliozän. Dabei zeigt sich, daß die kontinentale Klimaentwicklung in ihren wesentlichen Zügen mit der aus marinen Archiven bekannten, langfristigen Entwicklung korreliert. Nach dem deutlich sichtbaren Signal des PETM (Paleocene – Eocene Thermal Maximum) herrschten die wärmsten klimatischen Konditionen mit Temperaturen auf annährend tropischem Niveau im frühen Eozän (Early Eocene Climatic Optimum), unter den „Greenhouse“-Bedingungen einer weitgehend eisfreien Welt. Eine weitere warme Klimaphase ist für das Mittelmiozän nachweisbar (MMCO; Mid-Miocene Climatic Optimum), danach erfolgt, einhergehend mit zunehmender Vereisung der nördlichen Polarregion, eine sukzessive Abkühlung (Late Miocene Cooling), die in der untersuchten Region im oberen Teil des Serravallium einsetzte (ab ca. 13 Ma). Wie hier für diese Region an Hand von Proben aus der Bohrung Schinveld erstmals quantitativ nachgewiesen, setzte sich dieser Trend bis in das Messinium fort. Im früheren Teil des Pliozän herrschten dann wieder wärmere Bedingungen vor. Nachweisbare Klimaschwankungen auf kürzeren Zeitskalen belegen ebenfalls die enge Kopplung der kontinentalen Klimaentwicklung mit dem marinen System. In vielen Fällen gelang mit Hilfe der für die Profile verfügbaren stratigraphischen Daten die Korrelierung von kühleren Phasen mit eustatischen Tiefständen des Meeresspiegels, die jeweils glazialen Ereignissen (Mi events) entsprechen. An Hand von Pollenprofilen aus der Niederrheinischen Braunkohle gelang zudem der Nachweis von Klimaschwankungen, die mit Orbitalzyklen in Verbindung stehen (Exzentrizität: 400 ka, 100 ka). Analysen zur Klimavariabilität belegen den nicht-proportionale Charakter der Änderungen einzelner Klimaparameter. Kurzfristige Abkühlung im hier untersuchten Kontinentalbereich waren im wesentlichen mit einer Abnahme der Wintertemperaturen verbunden. Im Miozän waren kühle Phasen generell trockener, für das Pliozän weisen unsere Daten auf eine generelle Änderung des Klimasystems hin (auch warm/trocken – kühl/feucht – Zyklen), die im Zusammenhang mit der sich ändernden Dynamik der Atmosphäre und der Ozeanströmungen im Nordatlantik bei zunehmenden Vereisung des nördlichen Polarbereichs steht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Variability of Neogene continental climates in Northwest Europe – a detailed study based on microfloras. Turkish Journal of Earth Sciences
    Utescher, T., Ashraf, A.R., Dybkjaer, K., Mosbrugger, V., Pross, J., Wilde, V.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3906/yer-1005-3)
  • 2008. Climate change and short-term variability in Neogene continental sequences of Northwest Germany. 33IGC Oslo, 2008, abstract 1340407
    Utescher, T., Ashraf, A.R., Wilde, V., Pross, J., Schäfer, A., Mosbrugger, V.
  • „Reconstructing Cenozoic continental climate from the palaeobotanical record – temporal trends and spatial patterns“. Climate Initiative workshop "Carbon cycling and its interactions with the climate system", GeoBiosphere Science Centre, Lund University, Sweden, 17.-18. November, 2008
    T. Utescher
  • 2009. Climate and vegetation variability in the early Pliocene – study on a latitudinal gradient from NW Germany to Central Italy. 13th RCMNS Congress 2009 - Napoli (Italy) - 2-6 September 2009. Abstract book, Acta naturalia de “L’Ateneo Parmense” 45 n. 1/4 – 2009, 137
    Utescher, T., Bertini, A., Bruch, A.A., Mosbrugger, V., Pross, J., Wilde, V.
  • 2009. Present-day climatic equivalents of European Cenozoic climates. Earth and Planetary Science Letters 284, 544–552
    Utescher, T., Mosbrugger, V., Ivanov, D., Dilcher, D.L.
  • „Evidence of marine isotope signals in Cenozoic continental climate curves based on palynological data – quantification of climatic change“. Tagung der Forschergruppe NECLIME (Neogene Climate evolution in Eurasia; www.neclime.de) in Izmir, 2009

  • 2010. Climate change and vegetation dynamics on different time scales - evidence from palynomorph records of Miocene brown coal deposits of NW Germany. 8th EPPC 6-10 July, Budapest, program and abstracts, p. 234
    Utescher, T., Ashraf, A.R., Dybkjaer, K., Mosbrugger, V., Schäfer, A.
  • Miocene climate evolution of northern Europe: A palynological investigation from Denmark. Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology
    Larsson, L.M., Dybkjær, K., Rasmussen, E.S., Piasecki, S., Utescher, T., Vajda, V.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.palaeo.2011.05.003)
  • „Reconstruction of continental Miocene climate based on the palaeobotanical record“. Miocene Workshop at GEUS, Copenhagen (6. Oktober, 2011)
    T. Utescher
 
 

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