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Sieht der Fisch das Wasser, in dem er schwimmt? Wie Menschen mit auffälligem Beziehungsverhalten sich selbst und Andere in Interaktionen wahrnehmen

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2005 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 20046501
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt befasste sich mit der Frage, ob Beurteiler solche Verhaltensweisen, die für sie selbst typisch sind, in ihrer Intensität unterschätzen („Fish and Water Effekt"). Die Hypothese war auf Grundlage einer Vorstudie mit entsprechendem Ergebnis formuliert worden. Der vermutete Effekt ließ sich jedoch nicht replizieren. Mehrere parallele Auswertungsansätze erbrachten keine Hinweise auf eine systematische Unterschätzung der Intensität typischen eigenen Verhaltens im Vergleich zur Einschätzung durch andere Personen. Da die hier dargestellte Studie im Vergleich zur Vorstudie strengeren wissenschaftlichen Maßstäben genügte, muss die Fish-and-Water Hypothese daher klar verworfen werden. Dennoch ermöglicht das Projekt, teilweise dank nachträglicher Veränderungen am Studiendesign, die Beantwortung einer Vielzahl weiterer relevanter Fragestellungen. Insbesondere konnte gezeigt werden: (1) Beurteiler zeigen in der Beurteilungen anderer Personen ein Muster, das stark an die von Carson (1969) aufgestellten Grundsätze der interpersonalen „Komplementarität" erinnert. Sie beurteilen andere als ähnlich zu sich selbst bezüglich Affiliation, aber als unähnlich zu sich selbst bezüglich Dominanz. Diese Effekte stellen einen ganze Reihe von Studien in Frage, die beanspruchen, Komplementarität im Verhalten nachzuweisen, da in diesen Studien die Informationen über das Verhalten beider Interaktionspartner aus der selben Quelle stammt. Ein Manuskript über diese Thematik wurde zur Veröffentlichung eingereicht. (2) Beurteiler unterscheiden sich darin, wie sehr sie sowohl die eigene Person als auch andere Personen, unabhängig von der jeweiligen inhaltlichen Beurteilungsdimension, in positiven Begriffen beschreiben. Zur Analyse dieses Phänomens wurde eine Unterscheidung zwischen inhaltsabhängiger und inhaltsunabhängiger Positivität von Personbeschreibungen neu eingeführt. (3) Beurteiler zeigen die im Interpersonalen Zirkumplexmodell angenommene Unabhängigkeit von Dominanz und Affiliation nur bei der Beurteilung des eigenen interpersonalen Verhaltens. Bei der Beurteilung anderer Personen ist wahrgenommene Freundlichkeit positiv mit wahrgenommener Submissivität assoziiert. Dieses Ergebnis legt eine Revision der Interpersonalen Theorie nahe. (4) Die Selbsteinschätzung des eigenen Beziehungsverhaltes wird durch Video-Feedback nicht systematisch verändert. Auch dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu einer in der klinischen Psychologie verbreiteten Annahme, die etwa die Nützlichkeit von Video-Feedback als therapeutische Technik propagiert. (5) Ebenfalls im Gegensatz zu einer verbreiteten Annahme ist eine hohe Ausprägung von Persönlichkeitsstörungsmerkmalen nicht mit besonders idiosynkratischen Wahrnehmungen von Beziehungsverhalten assoziiert. Persönlichkeitsassoziierte Verzerrungen der interpersonalen Wahrnehmung scheinen ein normalpsychologisches Phänomen zu sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2006, May). Does the fish see the water it swims in? Studying people's ability to judge interpersonal behavior correctly. 9th Annual Meeting of the Society for Interpersonal Theory and Research, Philadelphia, USA
    Leising, D., Rehbein, D., & Sporberg, D.
 
 

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