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Werk und Wirkung des Rabbiners und Philosophen Simha (Simone) Luzzatto (1583?-1663)

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 200794517
 
Im Mittelpunkt des Projektes stehen zwei Aspekte des jüdischen Denkens, die seit dem 16. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung gewannen: Das politische und ökonomische Selbstverständnis der jüdischen Eliten und ihre Rezeption der skeptischen Philosophie. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert ist eine intellektuelle Wende festzustellen, in der das alte Verständnis der jüdischen Gemeinde als ghettoisierte Minderheit innerhalb der christlichen Gesellschaft von einer Vorstellung abgelöst wurde, der zufolge man die Juden als integrierten Bestandteil der „modernen“ Gesellschaft ansah. Das Konzept eines ökonomisch und politisch vollständig in die Gesellschaft integrierten Menschen majoritärer oder minoritärer Herkunft stellt in der Neuzeit ein Novum dar. Es fungiert bis heute als Ideal einer gerechten Gesellschaft. Parallel und im Zusammenhang damit entwickelte sich im Judentum eine eigene Rezeption der skeptischen Philosophie, in deren Mittelpunkt die Macht der Vernunft und die politische Autorität stehen. Beide Aspekte wurden von dem Rabbiner Simone Luzzatto in Venedig erstmals thematisiert und durch zwei Schriften erläutert, die eine rege Debatte in jüdischen und christlichen Kreisen auslösten.Das Projekt möchte Luzzattos Grundlagentexte erstmalig bzw. neu erschließen und einem wissenschaftlichen Publikum kommentiert zugänglich machen, um in einem nächsten Schritt deren Bedeutung für das politische und skeptische Denken in der Renaissance und Frühneuzeit zu untersuchen. Das Projekt orientiert sich dabei an der These, dass nicht nur die Entwicklung der jüdischen Gemeinden im 18. und 19. Jahrhundert selbst unmittelbar von Luzzattos Ideen beeinflusst wurde, sondern diese theoriebildend gewirkt haben und im Denken des 18. und 19. Jahrhunderts allgemein tiefe Spuren hinterlassen haben.Im Unterschied zum ersten Antrag und dank neuer Archivfunde wird in dieser Neuauflage der Forschungsschwerpunkt auf drei weitere Bereiche von Luzzattos Wirken ausgedehnt: Seine Biographie, seine hebräischen Schriften und sein skeptisches Denken. (1) Die vor kurzem vom Forschungsteam in Halle im Staatsarchiv von Venedig entdeckten Dokumente werfen neues Licht auf das Leben, das Vermögen (wichtig ist in diesem Zusammenhang das von uns kürzlich entdeckte Testament) und die Genealogie der Luzzattos im Ghetto von Venedig. Diese Befunde stellen die bis heute bekannten Daten in Frage. (2) Die Einbeziehung seiner hebräischen Schriften zum Verständnis der Figur des venezianischen Rabbiners bringen zusätzliche Elemente der Vita und des Denkens Luzzattos zur Geltung, zumal einige Schriften unveröffentlichte Responsa sind, die sein rabbinisches Wirken und das seines unmittelbaren rabbinischen Gremiums erhellen. (3) Das skeptische Denken von Luzzatto wird durch eine englische Übersetzung sowie einen Kommentar seines Hauptwerkes gewürdigt, das zusätzliche Tiefenschärfe gewinnt, wenn es mit dem „religiösen“ Skeptizismus eines Moscato in Beziehung gesetzt wird.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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