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Zur Revision rationaler Überzeugungen beim rechtlichen Schließen: Anfechtbarkeit, Gegenbeispiele und Wahrscheinlichkeiten

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 201369889
 
Neue Forschungsergebnisse zum konditionalen Schließen zeigen, dass Personen gültige Konklusionen zurückziehen, wenn sie sich Situationen vorstellen können, in denen die Anwendungsbedingung der Regel erfüllt ist, daraus jedoch nicht die Konsequenz folgt. Kognitionspsychologen bezeichnen solche Situationen als Gegenbeispiele, Ausnahmen oder Anomalitäten. In den letzten Jahren haben wir die Anfechtbarkeit und die Rolle von Gegenbeispielen beim konditionalen Schließen untersucht. Dabei haben wir rechtliche Konditionale wie ''Wenn eine Person eine andere Person tötet, dann soll die Person wegen Totschlags verurteilt werden'' verwendet. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Gegenbeispiele, beispielsweise Fälle von Notwehr, von Personen mit und ohne juristischer Ausbildung unterschiedlich berücksichtigt werden. Juristen folgen in der Regel den Vorgaben des Gesetzes, während sich juristische Laien in ihren Entscheidungen meist von ihrer moralischen Empörung und persönlichem Gerechtigkeitsempfinden leiten lassen. In den nächsten drei Jahren wollen wir die Forschungsthemen Anfechtbarkeit von Konklusionen, rechtliches Schlussfolgern und menschliche Rationalität noch enger miteinander verbinden. Dazu werden wir neue Beziehungen zwischen nicht-monotonen Logiken und der Berücksichtigung von Gegenbeispielen bei rechtliche Schlussfolgern herstellen. Wir planen dazu eine Reihe von Experimenten, in denen wir untersuchen, wie die Wahrscheinlichkeit und die Glaubwürdigkeit von Gegenbeispielen das Schließen mit rechtlichen Konditionalen beeinflusst. Wir werden auch untersuchen, welchen Effekt es hat, ob die rechtlichen Konditionale faktisch (''wird verurteilt'') oder deontisch (''soll verurteilt werden'') formuliert sind. Ein weiteres Forschungsthema ist die Abwägung zwischen verschiedenen miteinander konfligierenden Grundrechten (Balancierung). In dem Projekt sollen Experimente durchgeführt werden, die es ermöglichen, die empirischen Entscheidungen juristischer Laien und Experten mit den Normen der Verfassungsordnung zu vergleichen. Im theoretischen Teil des Projekts sollen die experimentellen Ergebnisse im Rahmen verschiedener nicht-monotoner logischer Systeme modelliert werden, die in der Künstlichen Intelligenz Forschung und Philosophie entwickelt wurden. Das Ziel ist die Entwicklung einer umfassenden Theorie der Anfechtbarkeit rechtlicher Schlüsse und Argumente. Diese Theorie soll dann nicht nur im psychologischen Labor überprüft werden, sondern auch unter realistischen Alltagsbedingungen, in denen juristische Experten und Laien zu rechtlichen Entscheidungen kommen oder Urteile bewerten. Durch die enge Zusammenarbeit von Psychologen und Juristen wird in dem Projekt der aktuelle Forschungstand in beiden Fächern berücksichtigt und um neue Aspekte erweitert. Die Ergebnisse sind für die Kognitive Psychologie und Rechttheorie bedeutsam. Sie sind aber auch gesamtgesellschaftlich relevant, insbesondere wenn juristische Fälle in das Rampenlicht der Öffentlichkeit gelangen.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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