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Gezielte Modulation visueller Reize zur Behandlung des Neglect-Syndroms nach Schlaganfall

Subject Area Human Cognitive and Systems Neuroscience
Term from 2011 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 201783298
 
Final Report Year 2014

Final Report Abstract

Ziel dieses Projektes war die Modulation visueller Reize zur Behandlung des Neglect-Syndroms nach Schlaganfall. Im ersten Abschnitt wurde ein computerisierter, alltagsnaher Suchstimulus („Schreibtisch-Szene“) entworfen, um offene Aufmerksamkeitsverschiebungen im Raum standardisiert messen zu können. Zur Etablierung der Methode wurden 33 Patienten mit einem akuten Schlaganfall der rechten Hirnhälfte untersucht, davon wiesen 20 Patienten in einer herkömmlichen Neglect-Batterie aus Papier-Bleistift-Tests einen linksseitigen Neglect auf, 13 Patienten wurden als unauffällig eingestuft. Der neue Stimulus, bei dem auf einem Bildschirm ein Zielobjekt inmitten von ablenkenden Objekten entdeckt werden sollte (Büroklammer auf Schreibtisch), ermöglichte nicht nur die robuste Messung von Sucherfolg (Trefferquote) und Suchgeschwindigkeit (Reaktionszeit) sondern auch dank begleitender videobasierter Infrarot-Okulographie die Auswertung von Blickverteilungen und damit Feststellung des Aufmerksamkeitsfokus der Probanden. Die Neglect-Patienten zeigten einen typischen Aufmerksamkeitsgradienten im Raum mit zunehmender Vernachlässigung (Abfall der Trefferquote, Anstieg der Reaktionszeit) der Zielobjekte, je weiter links sich diese im Suchbild befanden. Die Okulographie belegte bei den Neglect-Patienten eine signifikante Verschiebung der Blicke (Fixationen) und damit des Aufmerksamkeitsfokus in die rechte Raumhälfte. Überraschenderweise zeigten jedoch auch die von den etablierten Papier-Bleistift-Tests noch als unauffällig eingestuften Patienten ohne manifesten Neglect einen signifikanten Aufmerksamkeits-Bias hin zur rechten Raumhälfte. Auch sie wiesen einen, wenn auch im Vergleich geringeren, Abfall der Trefferquote und Anstieg der Reaktionszeit für linksseitig gelegene Zielobjekte auf, und auch die Blicke richteten sich häufiger in die rechte als in die linke Raumhälfte. Zusammenfassend zeichnet sich diese neue Methode nicht nur durch ihre Standardisierung und Reliabilität aus, sondern insbesondere durch eine höhere Sensitivität als herkömmliche Testverfahren für die Detektion von pathologischen Aufmerksamkeitsverschiebungen im Raum bei Patienten mit rechtshemisphärischen Schlaganfällen. Im zweiten Abschnitt, zeitlich überlappend mit der oben beschriebenen experimentellen Studie, wurde eine randomisierte kontrollierte Therapiestudie aufgesetzt und durchgeführt. Dabei wurde eine Kombination aus halbseitiger Gesichtsfeldabdeckung (HEP, hemifield eye patching) und optokinetischer Stimulation (OKS) bei akuten Schlaganfallpatienten mit einem Neglect-Syndrom über eine Woche hinweg angewendet, um Neglect-Symptome aber auch die funktionelle Einschränkung der Patienten bei Alltagsaktivitäten zu lindern. Verglichen wurde diese Intervention zum Spontanverlauf der Erkrankung. Ergebnisse in einer neuropsychologischen Test-Batterie für Neglect und in einer Skala für Neglect-spezifische Behinderung bei Alltagsaktivitäten (Catherine-Bergego-Skala) wurden als primäre Endpunkte der Studie vor Beginn der Therapie (Tag 1), nach Abschluss der Therapie (Tag 8) und in einem Follow-up (Tag 30) erhoben. Die HEPOKS-Behandlungsgruppe (11 Patienten) wies, ebenso wie die Kontrollgruppe ohne Neglect-spezifische Therapie (10 Patienten), eine signifikante Verbesserung in den primären Endpunkten über die Zeit auf, jedoch ohne einen signifikanten Unterschied der Ergebnisse zur Kontrollgruppe. Damit musste festgestellt werden, dass sich durch diese Form der kognitiven Intervention kein zusätzlicher Nutzen zur ablaufenden Spontanremission des Neglects für akute Schlaganfallpatienten ergibt. Trotz überraschend klarem Negativergebnis wurde die Studie aufgrund ihrer Qualität, der Erfüllung der strikten Kriterien für randomisierte klinische Studien und der Beispielhaftigkeit ihres Designs für die Überprüfung eines tatsächlichen klinischen Nutzens für betroffene Patienten zur Publikation in einem der renommiertesten klinisch-neurologischen Fachjournale (STROKE) angenommen.

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