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Die funktionale Rolle der Amygdala in gesunden und beeinträchtigten sozialen Beurteilungsprozessen

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 202655254
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Amygdala ist eine Struktur im medialen Temporallappen, die bei Primaten sehr reliabel durch die Präsentation von Gesichtern aktiviert werden kann. Schäden dieser Struktur führen entsprechend häufig zu Problemen in der Erkennung und Verarbeitung von Gesichtsausdrücken und Blicksignalen. Seit kurzen wird vermutet, dass die Amygdala eine Detektion salienter Gesichtsmerkmale im Blickfeld ermöglicht, um die Aufmerksamkeit etwa in Form von Augenbewegungen auf diese Regionen zu verschieben. Ziel dieses Projektes war es, diesen vermuteten Mechanismus durch Kombination neuartiger Verhaltensexperimente mit Augenbewegungsmessungen und hochauflösender funktioneller Magnetresonanztomographie näher zu untersuchen. Dazu wurden zum einen Probanden mit Normvarianten des Serotonin-Transporter-Gens getestet, die sich in ihrer Amygdalaaktivierung beim Betrachten von Gesichtsausdrücken unterscheiden. Zu anderen wurden Patienten mit sozialer Phobie untersucht, die einerseits Beeinträchtigungen in sozialen Beurteilungsprozessen aufweisen und andererseits eine Amygdalahyperreagibilität zeigen. Zusätzlich ergab sich die Möglichkeit einen Probanden mit selektiver, unilateraler Amygdalaläsion zu testen. In diesen Studien konnten wir zeigen, dass (1) eine verringerte Aktivität des Serotonin-Transporters mit einer erhöhten visuellen Exploration und einer verbesserten Emotionserkennung assoziiert ist; (2) dieser Verhaltensvorteil möglicherweise darin begründet ist, dass die Amygdala sensitiver auf diagnostische Merkmale emotionaler Gesichtsausdrücke in der Peripherie des Gesichtsfeldes reagiert und die Aufmerksamkeit entsprechend auszurichten vermag; (3) Läsionen der Amygdala zu einer Beeinträchtigung derartiger reflexiver Aufmerksamkeitsprozesse führen währen zielgerichtete Aufmerksamkeitsauslenkung weiterhin möglich bleibt; (4) soziale Angststörungen mit einer verstärkten Aufmerksamkeit auf die Augenregion anderer Menschen assoziiert sind, räumliche Blickinformationen jedoch nur verzögert extrahiert werden können. In explorativen Analysen zeigten sich darüber hinaus Korrelationen zwischen Facetten der Psychopathie und dem Augenbewegungsmuster während der Gesichterverarbeitung, die auf eine suboptimale Explorationsstrategie beim Vorliegen psychopathischer Persönlichkeitszüge schließen lassen. Das Projekt hat demnach entscheidend dazu beigetragen, mechanistische Erklärungsmodelle für die Rolle der Amygdala in der Verarbeitung sozialer Signale zu liefern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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