Change or presistence of interest representation in the EU? British, French, German, Polish and EU interest groups in comparative perspective (EUROLOB II)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
EUROLOB ist eine Fragebogengestützte Untersuchung der Interessensvertretung in der europäischen Politik. EUROLOB II (2015) stützt sich auf eine vorangegangene Befragung (EUROLOB I, 1999) und zeigt, dass Wirtschaftsverbände und NGOs eine deutliche Veränderung in den Bedingungen der Interessenvertretung seit der Jahrhundertwende wahrnehmen. Die ganz überwiegende Mehrheit konstatiert einen verschärften Wettbewerb und auch eine Politisierung der Entscheidungsfindung in der EU. Dies geht allerdings bei den befragten nationalen und europäischen Wirtschaftsverbänden nicht mit einer signifikanten Veränderung im Lobbyverhalten einher. Sie bevorzugen immer noch den direkten Kontakt zu den Entscheidungsträgern und halten wenig von einer Mobilisierung der Medien oder einer engeren Zusammenarbeit mit NGOs. Sie konzentrieren sich auf die wichtigen Entscheidungsträger und diese sind nicht nur in Brüssel, sondern auch in den nationalen Hauptstädten zu finden. Bevorzugte Lobbyadressaten sind die Regierungen und die Kommission auf der Arbeitsebene und die Mitglieder und Ausschüsse des Europäischen Parlamentes. Ein Vergleich zwischen den britischen, deutschen und französischen Wirtschaftsverbänden zeigt, dass eine „Europäisierung“ in dem Sinne stattgefunden hat, dass im Umgang mit Brüssel kaum noch Unterschiede festzustellen sind, während die französischen Verbände auf nationaler Ebene weiterhin abweichende Strategien verfolgen. Polnische Verbände mit ihrer sehr viel kürzeren EU Erfahrung zeigen dagegen ein deutlich abweichendes Verhalten. Sie wählen ihre Kontaktpartner nicht lediglich unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Zuständigkeit aus, sondern achten auf Nationalität, persönliche Beziehungen und Parteimitgliedschaft und sie werden überwiegend in einer relativ späten Phase des Politikprozesses aktiv, nämlich zumeist erst, wenn EU Recht in nationales Recht übertragen und vor Ort implementiert wird. Untersucht man, welche Eigenschaften der Verbände ihre Lobbykontakte begünstigen, so erweisen sich die Höhe des Budgets eines Verbandes und der Grad seiner Repräsentativität als entscheidend. Die Gesprächspartner vor allem in der Kommission legen Wert darauf, dass der Verband für die überwiegende Mehrheit der Unternehmen in seiner Branche spricht. Dagegen fällt die wirtschaftliche Bedeutung der vom Verband repräsentierten Unternehmen nicht ins Gewicht. Ein Vergleich zwischen den Lobbystrategien von Wirtschaftsverbänden und NGOs ist besonders interessant, weil üblicher Weise davon ausgegangen wird, dass NGOs als Vertreter der Zivilgesellschaft auch in der europäischen Politik anders als die Vertreter von Wirtschaftsinteressen auftreten. Die Analyse ergab jedoch erhebliche Unterschiede innerhalb der Gruppe der EU-NGOs selbst. Einige verstehen sich vornehmlich als Sachwalter normativ begründeter Anliegen und sehen sich meist in Opposition zur Europäischen Kommission. Wer sich dagegen als Vertreter öffentlicher Interessen, nicht zuletzt der schwer organisierbaren Interessen von Minderheiten sieht, oder sich - wie etliche Brüsseler NGOs - der Förderung der europäischen Integration verschrieben hat, pflegt enge Kontakte zur Kommission und auch zum Europäischen Parlament. Solche NGOs arbeiten hoch professionell und unterscheiden sich in ihren Strategien nicht wesentlich von Wirtschaftsverbänden. Insgesamt verdeutlich die Studie, wie wichtig europäische Politik für alle gesellschaftlichen Gruppen ist und in welch hohem Maße die institutionellen Strukturen der EU und die Machtverteilung zwischen nationalen und EU Entscheidungsträgern die Spielregeln für Interessenvertretung vorgeben. Bei der Durchführung des Projektes erwies sich, dass die Befragung auf ein sehr viel geringeres Echo als bei der vorangegangenen Untersuchung stieß, obwohl die Befragten dieses Mal die Möglichkeit hatten, den Fragebogen entweder online oder im Papierformat auszufüllen. Es bedurfte großer Anstrengungen (mehrfache Erinnerungsschreiben und Telefonate), um eine ausreichende Datenbasis für EUROLOB II sicherzustellen. Interview in VDI-Nachrichten (anlässlich des User-Workshops in Brüssel), 22. Juli 2016 | Ausgabe 29 (http://www.vdi-nachrichten.com/Technik-Gesellschaft/Lobbyismus-in-EU-kaum-veraendert).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2012): Grupy interesu i lobbing. Polskie doświadczenia w unijnym kontekście, IFiS PAN, Warsaw
Jasiecki, Krzysztof (ed.)
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(2013): Interest Intermediation in the European Union Revisited: Report on a Survey Study. Mannheim [MZES: Arbeitspapiere; 151]
Kohler-Koch, Beate, Christine Quittkat and Urszula Kurczewska
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(2015): Images of an unbiased interest system. Journal of European Public Policy, 22, issue 8, pp. 1212- 1231
Lowery, David, Frank R. Baumgartner, Joost Berkhout, Jeffrey M. Berry, Darren Halpin, Marie Hojnacki, Heike Klüver, Beate Kohler-Koch, Jeremy Richardson and Kay Lehman Schlozman
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2015: Europäische Interessenvermittlung französischer Wirtschaftsverbände: Ein französisch-deutscher Vergleich. S. 55-75 in: Deutsch-Französisches Institut (Hrsg.) Frankreich Jahrbuch 2014. Wiesbaden: Springer VS
Quittkat, Christine
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2015: Znaczenie konsultacji społecznych w formułowaniu polityki publicznej Unii Europejskiej, in: „Studia z Polityki Publicznej. Public Policy Studies”, 1(5), Warsaw School of Economics
Kurczewska, Urszula
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(2016): New and Not-So-New Trends in the Representation of Economic Interests in the EU: EUROLOB II Report 2016. Mannheim [MZES: Arbeitspapiere; 165]
Kohler-Koch, Beate, and Christine Quittkat
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2016: Organizacje biznesu. Aktorzy, strategie, interesy, reguły, Publishing Office SGH, Warsaw
Kurczewska, Urszula