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Die kognitiven Grundlagen der Entwicklung von selektivem Vertrauen

Antragstellerinnen / Antragsteller Dr. Tanya Behne; Professor Dr. Johannes Rakoczy
Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 206593698
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Forschung der letzten Jahre zeigt, dass bereits Kinder Modelle und Partner selektiv wählen. Zum Beispiel lernen sie ein Wort für ein unbekanntes Objekt lieber von einem Modell, das vorher Dinge richtig benannt hat als von einem, das Fehler machte. In diesem Forschungsprojekt untersuchten wir unterschiedliche Aspekte dieser frühen Fähigkeit. Zunächst untersuchten wir die kognitiven Grundlagen. Wählen Kinder nur das irgendwie „bessere“ Modell oder verstehen sie die individuellen Eigenschaften der Modelle? In unseren Studien zeigten Kinder ein erstaunlich frühes Verständnis für die individuellen Eigenschaften der Modelle und nutzten dieses Verständnis für ihre Modellwahl. Andererseits griffen sie auf dieses Verständnis nicht immer zurück und wählten in bestimmten Situationen auch die insgesamt „besseren“ Modelle, auch wenn die individuellen Eigenschaften nicht wichtig für die Anforderungen der Aufgaben waren. Zur Erklärung dieser Ergebnisse entwickelten wir eine Zweiprozesstheorie. Die Grundannahme von Zweiprozesstheorien ist, dass unterschiedliche Arten kognitiver Prozesse bestehen, die situationsabhängig zur Anwendung kommen: Einerseits simple, heuristische Prozesse, die schnell ablaufen, aber nicht in jeder Situation zur richtigen Lösung führen. Andererseits langsamere, systematischere Prozesse, die sich mit dem Alter entwickeln, mehr kognitive Ressourcen benötigen und häufiger zu einer sinnvollen Lösung führen. Dieser theoretische Ansatz sagt vorher, dass die systematischeren Prozesse sich erst mit dem Alter entwickeln und dass auch Erwachsene auf die simpleren Prozesse zurückfallen, zum Beispiel, wenn ihre kognitiven Kapazitäten eingeschränkt oder sie unter Zeitdruck sind. Bei der empirischen Prüfung der Vorhersagen dieses Ansatzes für Erwachsene erwies es sich als schwierig, kognitive Belastung und Zeitdruck so zu dosieren, dass die Hauptaufgabe erschwert, aber nicht blockiert wird. Trotzdem entsprachen einige Ergebnisse den Vorhersagen der Zweiprozesstheorie: Erwachsene, deren kognitive Ressourcen eingeschränkt waren und jüngere Kinder, antworteten häufig heuristisch, wohingegen ältere Kinder und Erwachsene ohne zusätzliche kognitive Beanspruchung systematischere Prozesse heranzogen. Zusätzlich untersuchten wir die Modellwahl von Kindern in realitätsnäheren Situationen, in denen sie Kooperationspartner*innen benötigten. Kinder und Erwachsene passten ihre Strategien flexibel den Situationen an: Sie präferierten stärkere und wissendere Modelle für Kooperationssituationen. Beim Lernen neuer Wörter hingegen bevorzugten sie nur ein wissenderes, aber kein stärkeres Modell. Die frühen Wurzeln von selektiver Modellwahl untersuchten wir in einer interaktiven Touchscreen-Studie, in der zwei unterschiedlich verlässliche Modelle konfligierende Hinweise anboten. Dreijährige wählten selektiv die Hinweise des vorher verlässlicheren Modells, wohingegen Zweijährige nicht zwischen den Modellen unterschieden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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