Konzipierung, Aufbau und Charakterisierung eines integrierten mikrofluidischen Systems für die in vitro-Immunzellaktivierung und Untersuchung der immunoregulierenden Funktion von Milch
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Dieses Projekt ist Teil des NutriChip-Vorhabens, in dem eine integrierte mikrofluidische Plattform zur Untersuchung der immunregulierenden Wirkung von alltäglicher Nahrung entwickelt wird. Die Aufgabe bestand im Entwurf, der Fertigung und der Erprobung einer Mikrofluidikplattform für die Detektion eines Biomarkers, der von menschlichen Immunzellen als Reaktion auf eine Stimulation freigesetzt wird. Dazu wurde ein magnetisches Sandwich-Immunassay eingesetzt. Magnetic beads mit spezifischen Antikörpern wurden mit dem Überstand (‟supernatant”) der aktivierten Zellen vermischt, um die Zielteilchen zu binden. Dann wurden Streptavidin-phycoerythrin(PE)-konjugierte spezifische Antikörper hinzugegeben und mit der die Magnetic bead/Biomarker-Komplexe enthaltenden Probe inkubiert, Damit ist das Sandwich-Immunoassay vollständig. Der Biomarker von Interesse befindet sich in dieser sandwichähnlichen Anordnung zwischen Magnetic bead und einem Fluoreszenzmarker und ist mit Antikörpern über Streptavidin-Biotin-Bindungen in der Sandwichstruktur fixiert. Für die fluoreszenzmikroskopische Erfassung wurden die Teilchenkomplexe in einem Magnetfeld eingefangen. Als Modell für menschliche Immunzellen wurde eine U937-Zelllinie ausgewählt. Diese Zellen differenzieren binnen 48 Stunden zu Makrophagen, wenn dem Zellmedium RPMI1640 mit einem Anteil von 100 ppm Phorbol 12-Myristate 13-Acetate (PMA) beigefügt ist. Differenzierte U937-Monozyten wurden mit unterschiedlichen Konzentrationen von bis zu 1 µg pro ml mit Lipopolysaccharid (LPS) stimuliert. Die als Immunantwort der Zellen freigesetzten IL-6-Zytokine wurden mit einem magnetischen Sandwich-Immunassay detektiert. Im Vergleich zu kommerziellen Multiplexsystemen wie ELISA oder der Luminex®/xMAP-Technologie, die auf 96-Loch-Titerplatten durchgeführt werden, ist dieser Ansatz einfacher und ökonomischer gestaltet und für Singleplex-Anwendungen gut geeignet. Das Design des Mikrofluidikchips umfasst eine Kammer, die in Bereiche für Zellen und Magnetic beads unterteilt ist. Ein Filter zwischen den beiden Bereichen verhindert die Migration von Zellen und Beads aus ihrer Umgebung, lässt aber die Zytokine passieren. Der Chip wurde in zwei Hälften mit offenen Kanälen durch Abformen in Polydimethylsiloxan (PDMS) gefertigt. SU-8-Strukturen auf Si- Wafern dienten als Masterform. Die beiden PDMS-Hälften wurden nach einer Oberflächenaktivierung im Plasma zusammengefügt. Zur Realisierung eines geeigneten Filters, der die freigesetzten Zytokine mit dem Fluidstrom vom Zellbereich in den Magnetic bead-Bereich auf dem Chip gelangen lässt, wurde eine Reihe säulenartiger Mikrostrukturen eingesetzt. Die Fertigung von Säulenstrukturen mit wenigen Mikrometern als Zwischenabstand war bezüglich der fotolithografischen Fertigung der SU-8- Masterformen eine Herausforderung. Schließlich konnten Strukturen mit einem Abstand von 2 µm gefertigt werden, so dass 2,8 µm große Magnetic beads anstelle der anfangs avisierten 5,5 µm verwendet werden konnten. Für die Effizienz bei der Zytokinbindung sind kleinere Magnetpartikel wegen des größeren Oberflächen/Volumen-Verhältnisses von Vorteil. Die gemessene Fluoreszenzintensität dient als Indikator für die Menge der freigesetzten bzw. eingefangenen Zytokine. Das entwickelte mikrofluidische LoC-System ist ein Werkzeug für die Messung der von stimulierten humanen Immunzellen freigesetzten inflammatorischen Biomarkern in der Nahrungsanalyse. Eine Machbarkeitsstudie wurde anhand der Stimulation von U937-Zellen mit LPS durchgeführt. LPS wurde ausgewählt, weil (1) es für die Auslösung heftiger Immunreaktionen bei unbeabsichtigter Konsumierung bekannt ist, was Anlass zur Erwartung eines starken Fluoreszenzdetektionssignals gibt und (2) die Wechselwirkung von LPS und dem menschlichen Immunsystem generell von Interesse ist. Die Zellaktivierung, d.h. die LPS-induzierte Freisetzung vorentzündlicher IL-6-Zytokine konnte mit dem magnetischen Sandwich-Immunassay nachgewiesen werden. Erste Versuchsergebnisse zeigen einen messbaren Anstieg des IL-6-Sekretionsgrades mit der LPS-Konzentration. Dies weist die Möglichkeit einer Quantifizierung der abgegebenen Zytokine mit einem magnetischen Immunassay als effektive Alternative für Singleplex- zu Multiplex-Anwendungen nach. Der Radiosender RTS la1ère übertrug am 18. Nov. 2011 ein Dossier zum Thema künstlicher Darm “NutriChip: l’intestin artificial”. Über das NutriChip-Projekt im Schweizer Fernsehen über SF1 wurde am 15. März innerhalb der Sendereihe Einstein berichtet. Am 02. Febr. 2012 veröffentlichte die FastCompany ein Essay über “An Artificial Intestine On A Chip Knows How Food Affects You” im Internet. Die ZeitNews veröffentlichte am 26. März 2012 einen online-Artikel mit dem Titel “Analyzing food quality with an artificial intestine: the NutriChip”.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
On-chip Activation of Monocytic Cells and Immunomagnetic-based Detection of Cytokines as a Response to Lipopolysaccharide. EMBL Conference Proceedings Microfluidics 2012 p. 184, Heidelberg, Germany, 25 - 27 July 2012
C. Ruffert, Q. Ramadan, G. Vergères, M.A.M. Gijs
-
On-chip Magnetic Immunoassay for the Detection of LPS-induced pro-inflammatory IL-6 Cytokines in Human Immune Cells. Conference Proceedings NanoBioTech 2012 Poster Sessions B pp. 17-18, Montreux, Switzerland, 12 - 14 November 2012
C. Ruffert, Q. Ramadan, G. Vergères, M.A.M. Gijs
-
“NutriChip: nutrition analysis meets microfluidics”. Lab Chip vol. 13, pp. 196-203, 2013
Q. Ramadan, H. Jafarpoorchekab, Ch. Huang, P. Silacci, S. Carrara, G. Koklü, J. Ghaye, J. Ramsden, C. Ruffert, G. Vergeres, M.A.M. Gijs