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Comparative functional morphology and hydrodynamics of sponge aquiferous systems.

Antragsteller Dr. Jörg Hammel
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 207169235
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Kanalsystem von Schwämmen (Porifera) wird für den Organisationtyp Leucon im allgemeinen als hierarchisches unidirektionales Flüssigkeitstransportsystem verstanden. Unser Verständnis des Aufbaus und der Funktionsweise ist aufgrund der hohen Komplexität des dreidimensionalen Netzwerkes von Kanalsegmenten auf vorwiegend theoretische physikalische und strömungsmechanische Randbedingungen die an statistische morphometrische und qualitative Daten zur Kanalsystemarchitektur und Geometrie geknüpft sind limitiert. Auf dieser Basis besteht das klassische Strömungsmodell für Schwämme. Damit können die Transportprozesse in Schwämmen jedoch nur näherungsweise beschrieben werden. Als zentrales System in der Biologie von Schwämmen beeinflusst dies auch unser Verständnis vieler anderer damit verknüpfter Vorgänge. Im vorliegenden Projekt wurden daher detaillierte Untersuchungen zum Aufbau des Kanalsystems durchgeführt mit dem Ziel der Identifizierung grundlegender Muster in der Kanalsystemarchitektur und möglicher Zusammenhänge zu Wuchsformen. Unter funktionellen Aspekten wurde der Einfluss von Bypass Strukturen auf die Strömung im Kanalsystem auf lokaler und Organismischer Ebene untersucht. Die Strömungsverhältnisse und deren Beschreibung in Abhängigkeit der Kanalsystemarchitektur unter Berücksichtigung aller relevanten Strukturen integriert funktionelle und deskriptive Daten. Anhand von Kanalsystemabgüssen welche mittels µCT Bildgebung digitalisiert wurden und µCT Aufnahmen von fixiertem Schwammmaterial welches zur Erstellung von virtuellen Kanalsystemabgüssen genutzt wurde, wurden morphometrischen Untersuchungen an Kanalsystemen verschiedener Schammarten mit unterschiedlicher Wuchsform durchgeführt. Weiterhin wurde die Innerartliche Variabilität untersucht um grundlegende Muster im Kanalsystemaufbau zu identifizieren. Lediglich die hohe Verzweigungsasymmetrie und deren Änderung hin zu Symmetrischen Verzweigungen mit Veränderung der Hierchieebenenzahl konnte in Arten in denen eine Klassifizierung der Hierarchischen Struktur möglich war identifizierte werden. Im Gegensatz zu anderen biologischen Flüssigkeitstransportsystemen, welche z.B. dem Gasaustausch dienen, sind die Segmente mit kleinstem Durchmesser in Schwämmen am längsten und die mit großem Durchmesser am kürzesten. Dies lässt sich aufgrund der veränderten zur Verfügung stehenden Austauschflächen und Perfusionsvolumina erklären. Weiterhin konnten aus den Morphometrischen Messungen eine Reihe von strömungsmechanischen Berechnungen angestellt werden die ein genaueres Verständnis der Strömungsverhältnisse und eine funktionelle Interpretation bestimmter Kanalgeometrien erlaubt. Die erzeugten 3D Modelle und Informationen zum Aufbau des Kanalsystems wurde genutzt um Anhand von Finite Elemente Fluid Dynamik Simulationen Hypothesen zur Funktion und Einfluss von Bypass Elementen zu untersuchen. In unseren Studien konnten keine Rezirkulationen im Kanalsystem beobachtet werden. Mit Hilfe der Partikel Image Velocimetry wurden Daten zur Pumpleistung, Pumpaktivität im Verlauf von Körperkontraktionen und Strömungsverhältnissen im Kanalsystem erhoben. Die in vivo Messungen der Strömungsverhältnisse im einführenden Kanalsystem sind die ersten Daten die einen Einblick direkt in die Gegebenheiten im Kanal erlauben. Bisherige Daten wurden immer an der Ausstromöffnung oder mit Hilfe von Sonden die in die ‚Ausstromöffnung eingeführt wurden erhoben. Die auf diesem Weg gewonnen Daten wurden für Berechnungen strömungsmechanischer Parameter, wie Wiederstand, Pumpleistung und benötigter Energie, Druck auf Kanalwände usw. verwendet. Weiterhin dienen sie zur Verifizierung und als Randbedingung für Simulationsmodelle. Im Rahmen des Projektes wurde das erste vollständige Kanalsystemmodell eines einzelnen Schwammindividuums für Exemplare des Süßwasserschwamms S. lacustris erstellt, welches für FEM Strömungssimulationen zum Einsatz kam. Auffallend ist die annähernd gleichbleibende Strömungsgeschwindigkeit in Kanälen unterschiedlichen Durchmessers und unterschiedlicher hierarchischer Ordnung. Dies steht im Gegensatz zum bestehenden Strömungsmodell für Schwämme welches stark vereinfacht ist und auf Prinzipien des Murray Gesetzes aufbaut. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wurde eine allgemeine Beschreibung der Volumenströme unter Berücksichtigung der Kanalarchitektur erarbeitet die das bestehende Strömungsmodell erweitern und Verbessern kann. Detaillierte Analysen regulatorischer Elemente im Kanalsystem führten zur Beschreibung eines für Schwämme neuen Zelltyps in der Ausstromöffnung der Choanozytenkammer – den sogenannten Reticuloapopylozyten, welche theoretisch in der Lage sind die Charakteristik der Choanozytenkammer als Pumpe zu verändern und die Perfusion des Schwammkörpers zu regulieren. Die Ergebnisse können in Zukunft zu verbesserten Kultivierungstechniken von Schwämmen für die Biotechnologie und Grundlagenforschung herangezogen werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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