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Reformulierung und Erweiterung eines elasto-plastischen Stoffgesetzes für Sand unter Berücksichtigung von zyklischen Lasten und großen Verformungen

Fachliche Zuordnung Geotechnik, Wasserbau
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Förderung Förderung von 2011 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 208047535
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Für die Ergebnisse von Finite-Elemente-Simulationen in der Geotechnik ist das Materialmodell für den Boden, das im Folgenden als Stoffgesetz bezeichnet wird, von entscheidender Bedeutung. Das Ziel des Forschungsvorhabens bestand darin, ein Stoffgesetz für Sand zu entwickeln. Es sollte die mechanischen Eigenschaften von Sand unter zyklischer Beanspruchung detailliert und realitätsnah beschreiben. Darüber hinaus sollte es kompatibel sein zu numerischen Verfahren, die zur Simulation geotechnischer Prozesse eingesetzt werden, bei denen große Deformationen des Bodens auftreten. Den Ausgangspunkt für das Projekt bildete ein existierendes Stoffgesetz, das sogenannte CSSA-Modell. Es beruht auf dem Konzept der Grenzflächenplastizität und wurde innerhalb der Theorie infinitesimaler Deformationen formuliert. Es beinhaltet zwei unterschiedliche Mechanismen zur Prognose plastischer Dehnungen. Einer der Mechanismen ist bei Scherung aktiv, der zweite bei Kompression mit konstantem Spannungsverhältnis. Der Mechanismus für Scherung war in der ursprünglichen Version bereits dazu ausgelegt, die Reaktion von Sand auf zyklische Beanspruchung zu beschreiben. Der zweite Mechanismus des CSSA-Modells dagegen ist für die Simulation zyklischer Kompression ungeeignet. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde das CSSA-Modell zuerst so reformuliert, dass es kompatibel ist zu Simulationsverfahren für große Verformungen. Hierzu wurden die ursprünglich verwendeten Spannungs- und Dehnungsmaße durch geeignete Äquivalente aus der Theorie finiter Deformationen ersetzt. Besonderes Augenmerk galt dem Einfluss von Starrkörperrotationen auf die Spannungs-Dehnungs- Beziehung. Letztere muss so formuliert sein, dass überlagerte Starrkörperbewegungen keine Spannungsänderungen verursachen. Im nächsten Schritt sollte der plastische Kompressionsmechanismus in die Lage versetzt werden, zyklische Belastungen realitätsnah abzubilden. Hierzu wurde die analytische Formulierung umfangreich modifiziert und erweitert. Das Einbinden des erweiterten Kompressionsmechanismus in das reformulierte Stoffgesetz führte auf das ECSSA-Modell. Als Grundlage für die Entwicklung, Kalibrierung und Validierung des erweiterten Kompressionsmechanismus wurden Triaxialversuche mit Toyoura-Sand durchgeführt, bei denen die Proben zyklischer Beanspruchung mit konstantem Spannungsverhältnis ausgesetzt waren. Die Versuchsergebnisse erlauben, einen Teilaspekt der Verformungseigenschaften von Sand, nämlich die Reaktion auf zyklische Kompression, erstmals umfassend zu beschreiben. Dies war zuvor nicht möglich, weil frühere Arbeiten zur zyklischen Kompression von Sand sich auf Versuche unter isotropen und ödometrischen Bedingungen beschränkten. Sie erlaubten somit keine Rückschlüsse auf den Einfluss des Spannungsverhältnisses sowie auf die simultane Entwicklung von Volumen- und Scherdehnungen in zwei- und dreidimensionalen Dehnungszuständen. Ferner widmete sich das Forschungsprojekt der numerischen und rechentechnischen Umsetzung des ECSSA-Modells. Diese beinhaltet zum einen die Behandlung der Rotationsanteile der Bewegung mittels eines inkrementell objektiven Verfahrens. Darüber hinaus wurden ein expliziter und ein impliziter Algorithmus zur numerischen Integration der Gleichungen für die Spannung und die Zustandsvariablen entwickelt. Die beiden Algorithmen wurden durch Vergleichsberechnungen auf Spannungspunktebene sowie anhand eines Randwertproblems detailliert verglichen. Es zeigte sich, dass beide Verfahren auf stabile und zuverlässige Implementierungen führen, dass aber der explizite Algorithmus bei Weitem effizienter ist als der implizite. Im letzten Schritt des Forschungsvorhabens sollte das ECSSA-Modell validiert werden. Hierfür wurden die zuvor durchgeführten zyklischen Triaxialversuche nachgerechnet. Die Ergebnisse belegen, dass der erweiterte Kompressionsmechanismus des ECSSA-Modells die Entwicklung der bleibenden Dehnungen bei zyklischer Kompression von Sand realistisch simulieren kann. Auch die Stoffgesetzfunktionen des plastischen Mechanismus für Scherung wurden durch Nachrechnung von Versuchsergebnissen validiert. Darüber hinaus wurden sie anhand der numerischen Lösung eines Randwertproblems erprobt, in dem ein Staudamm seismisch beansprucht wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Aspekte der Modellierung von Sandböden unter zyklischen Einwirkungen als Zweiphasensystem. In: Vorträge zum 9. Hans Lorenz Symposium, Shaker, 2013 (Veröffentlichungen des Grundbauinstitutes der Technischen Universität Berlin 63), S. 173–188
    Carow, C. ; Aubram, D. ; Savidis, S. A.
  • Forschung zu einem elastoplastischen Stoffgesetz für Sandböden unter zyklischen Einwirkungen. In: 33. Baugrundtagung - Beiträge der Spezialsitzung Forum für junge Geotechnik-Ingenieure, 2014, S. 19–27
    Carow, C.
  • Zur Modellierung der Verflüssigung von Sandböden. In: K UDLA, W. (Hrsg.): Beiträge zum 2. Kolloquium Bodenverflüssigung bei Kippen des Lausitzer Braunkohlebergbaus. Freiberg, 2014, S. 167–178
    Savidis, S. A. ; Carow, C. ; Aubram, D.
  • Finite Deformation Modelling of Cyclic Sand Behaviour using Bounding Surface Plasticity. In: Proceedings of the 25th European Young Geotechnical Engineers Conference, Conspress, 2016, 257–266
    Carow, C.
  • Experimentelle und mathematische Modellierung der zyklischen Kompression von Sand. In: Fachsektionstage Geotechnik, 2017, S. 412–417
    Carow, C. ; Savidis, S. A. ; Rackwitz, F.
  • Über ein elastoplastisches Stoffgesetz für zyklisch beanspruchten Sand. In: Bautechnik 94 (2017), Nr. 9, 604–612
    Carow, C. ; Rackwitz, F. ; Savidis, S. A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/bate.201700042)
  • Comparison of implicit and explicit numerical integration schemes for a bounding surface soil model without elastic range. In: Computers and Geotechnics 140 (2021), 104206
    Carow, C. ; Rackwitz, F.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.compgeo.2021.104206)
 
 

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