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"Reentrant processing" und visuelles Bewusstsein: neuronale und perzeptuelle Mechanismen

Subject Area General, Cognitive and Mathematical Psychology
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 208088301
 
Final Report Year 2016

Final Report Abstract

Dieses Projekt untersuchte neuronale und kognitive Mechanismen bewusster und unbewusster Wahrnehmung, insbesondere dem Sehens. Der Hauptteil des Projektes untersuchte das Zusammenspiel früher und später visueller Verarbeitungsstufen (Feedforward Verarbeitung und Reentrant Processing) und deren Bedeutung für die bewusste Wahrnehmung. Die eigentlich Funktion des Reentrant Processing wurde zuvor als ein „Hypothesentesten“ beschrieben, bei dem höhere Verarbeitungsstufen perzeptuelle Hypothesen erstellen und diese Repräsentationen mit der aktuellen Evidenz in frühen Verarbeitungsstufen abgleichen. Um dieses späte Reentrant Processing zu unterbrechen, setzten wir Object Substitution Masking ein, von der behauptet wurde, sie würde frühe Feedforward Verarbeitung intakt lassen und selektiv spätes Reentrant Processing unterbrechen. In unseren Studien konnten wir bestätigen, dass Object Substitution Masking visuelle Wahrnehmung stört. Der zentrale Befund ist, dass trotz dieser Störung korrekte Verhaltensantworten auf die maskierten Reize möglich sind, vorausgesetzt dass die Antworten schnell genug initiiert werden. Diese schnellen Antworten können also dem Effekt der Maskierung „entkommen“. Mit diesem Befund konnten wir das ungefähre Zeitfenster kennzeichnen (ca. 200 ms), in dem vorwiegend Feedforward Verarbeitung stattfindet. Überraschenderweise scheint die Verarbeitung während dieses Zeitfensters zumindest potenziell bereits ausreichend für eine bewusste visuelle Wahrnehmung zu sein. Auch in einer anderen Sinnesmodalität, dem Geschmackssinn, konnten wir durch multivariate Klassifikationsanalyse zeigen, dass in diesem frühen Zeitfenster bereits der subjektive Wahrnehmungseindruck repräsentiert ist. Weiterhin konnten wir zeigen, dass selbst unterschwellige visuelle Stimuli, die aufgrund ihres niedrigen Kontrastes weitgehend unsichtbar sind, vom visuellen System durchaus registriert, dann aber aktiv unterdrückt werden. Auch hier vermuten wir, dass eine perzeptuelle Hypothese gebildet und angewendet wird, nämlich dass dieser Input wahrscheinlich ein Rauschsignal darstellt, das nicht verstärkt sondern inhibiert werden muss. Insgesamt zeigt dieses Projekt, dass visuelle Wahrnehmung (und vermutlich auch Wahrnehmung in anderen Sinnen) ein hoch dynamischer Prozess ist, bei dem aber bereits frühe Verarbeitungsstufen zu einer bewussten Wahrnehmung beitragen.

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