Induzierung von Multiferroizität in dünnen EuO-Filmen durch epitaktische Verspannung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Durch die Integration neuer Materialien und Funktionalitäten wird es auch in Zukunft große Fortschritte in der Leistungsfähigkeit der Mikroelektronik geben. Das Forschungsgebiet der Spintronik hat sich dabei zum Ziel gesetzt nicht nur die Ladung zu nutzen sondern auch eine weitere grundlegende Eigenschaft des Elektrons – den Spin. Ein prominenter Spintronik-Effekt, der sogenannte GMR-Effekt, (Nobelpreis für Albert Fert und Peter Grünberg im Jahr 2007), führte vor wenigen Jahren zu einem großen Leistungssprung bei Festplatten. Und auch heute zählt die Spintronik zu den vielversprechendsten Ansätzen für zukünftige Innovationen in der Mikroelektronik. Die Erforschung des Materials Europiummonoxid (kurz EuO) könnte aufgrund seiner herausragenden Eigenschaften wichtige Erkenntnisse für die Spintronik hervorbringen. Besonders wichtig ist dabei die nahezu vollständige Ausrichtung des Elektronenspins in EuO entlang eines äußeren Magnetfeldes, was die Übertragung von Information durch wenige oder sogar nur einzelne Elektronen ermöglichen könnte. Diese Eigenschaft wurde an dünnen EuO-Schichten bereits im Jahr 2007 nachgewiesen. Bousquet und Mitarbeiter (2010) sagten eine weitere, nicht weniger interessante Eigenschaft von EuO voraus: Bei ausreichender Dehnung oder Stauchung dünner EuO-Schichten und/oder durch Kombination mit Alkalierdmetallen wie Bariummonoxid (BaO) sollte es zu einer Verschiebung gegensätzlich geladener Ionen im EuO-Kristall kommen und sich damit eine spontane Polarisation bilden. Diese müsste sich mittels eines äußeren Feldes ausrichten lassen (Zustand der Ferroelektrizität), eine Eigenschaft, die besonders in Verbindung mit der Ausrichtung der Elektronenspins von Nutzen sein könnte. Eine experimentelle Überprüfung dieses spektakulären und überraschenden Effektes stand jedoch noch aus. In unserem Projekt ist es nun gelungen EuO-Schichten mit BaO-Schichten zu kombinieren und zudem sehr stark zu dehnen. Die meisten Materialien zeigen bereits bei Verspannungen von wenigen Zehntelprozent Risse und brechen auseinander. Durch Molekularstrahlepitaxie - eine High-Tech Technologie zur Herstellung dünner Schichten - erreichten wir jedoch mehr als 5%. Die Frequenz der Schwingungen in EuO nahm als Folge der Verspannung um mehr als 50% ab, ein Indiz dafür, dass EuO tatsächlich bei einer bestimmten kritischen Verspannung ferroelektrisch wird. Allerdings weichen die kritischen Stresswerte deutlich von der ursprünglichen theoretischen Vorhersage ab und sind weit höher als zunächst angenommen. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde in Zusammenarbeit mit Bousquet und Mitarbeitern ein neues Modell entwickelt um anhand der neuen experimentellen Ergebnisse EuO besser verstehen zu können. Daraus ergab sich der wichtige Hinweis, dass der sich der kritische Stress durch Verwendung dünnerer Schichten reduzieren lassen sollte. Angesichts der bereits nur wenige Atomlagen dicken Schichten war dies eine Herausforderung, mittlerweile ist es jedoch gelungen die vorgeschlagenen Schichtfolgen herzustellen. Es wird sich herausstellen ob dies tatsächlich zu Ferroelektrizität in EuO führt, mit Sicherheit jedoch wurde ein großer Fortschritt im Verständnis von EuO und seiner Materialklasse erreicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- “Hetero-Epitaxial EuO Interfaces Studied by Analytic Electron Microscopy”. Applied Physics Letters 104 (March 3 2014)
J.A. Mundy, D. Hodash, A. Melville, R. Held, T. Mairoser, D.A. Muller, L.F. Kourkoutis, A. Schmehl, and D.G. Schlom
(Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4867161) - “Strain engineering of EuO thin films”, Conference Fundamental Physics of Ferroelectrics and Related Materials (no proceedings). 27. Januar 2014, Carnegie Institution of Washington 1530 P St. NW, Washington DC, USA
V. Goian, R. Held, A. Melville, S Kamba, E. Bousquet, D. G. Schlom