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Analyse der Interaktionen und Charakterisierung des unkultivierten SM1 Euryarchaeons: Ökologie, Symbiosen, Genom, Metabolismus und Hami

Fachliche Zuordnung Mikrobielle Ökologie und Angewandte Mikrobiologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 209399240
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Aufgrund der limitierten Kultivierbarkeit der überwältigenden Mehrheit der Mikroorganismen müssen verschiedene molekulare Methoden angewendet werden, um Einblicke in die Biologie unkultivierter Archaeen und Bakterien im natürlichen Biotop zu gewinnen. Umweltsysteme, in denen Informationen aus verschiedensten „OMICS“-Feldern einem konkreten Organismus zugeordnet werden können, sind äußerst rar. Dieses hier bearbeitete System erlaubt jedoch, aufgrund der erstaunlichen Reinheit und Biomasse der verfügbaren Biofilme, unkultivierte Archaeen mit Hilfe von state-of-the-art Methoden zu studieren und trotz der Unkultivierbarkeit einen Ringschluss zu ermöglichen zwischen Einzelbetrachtungen und der Gesamtinformation (der Biologie) des Systems. Das hier untersuchte SM1 Euryarchaeon besitzt eine äußerst komplexe Biologie: Wir konnten deutlich zeigen, dass dieser Mikroorganismus aus sub-terrestrischen Schichten (sulfidischer) Quellen stammt, wo er nahezu reine, fein-strukturierte Biofilme bildet. Diese werden vom Wasserstrom nach oben getragen, wo sie mit Hilfe einer in situ Filtration für Experimente im Labor gewonnen werden können. Mittels metagenomischer Analysen und Untersuchungen der Lipide sowie NanoSIMS, konnte ein C1-basierter Metabolismus nachgewiesen werden – und die Sulfat-reduktion als möglicher Energie-liefernder Prozess nahezu ausgeschlossen werden. Der Kohlenstoff-Metabolismus des SM1 Euryarchaeons basiert auf einem neuartigen, archaeellen Acetyl-CoA-Weg, der ohne Faktor 420 auskommt. SM1 und seine Verwandten scheinen also im anoxischen Grundwasser der Erdkruste eine hoch-wichtige Funktion auszuüben: die der CO2-Fixierung und damit der Primärproduktion. Es konnte gezeigt werden, dass das SM1 Euryarchaeon in Varianten vorliegt, die aufgrund der 16S rRNA Gensequenz nicht unterschieden werden können. Ultrastrukturelle Untersuchungen zeigten das Vorhandensein einer unerwarteten archaeellen Zellwandarchitektur: einer Doppelmembran. Die Hami (Oberflächenanhängsel), die aus einem Nano-Enterhaken und einer Stacheldrahtstruktur bestehen, sind in der Zellwand verankert und reichen bis in das Zytoplasma der Zelle. Die kodierende Sequenz des Hamus-Proteins wurde identifiziert und zum Patent angemeldet: Eine wichtige Voraussetzung für die nanobiotechnologische Anwendung. Phylogenetische Studien, basierend auf Marker-Genen haben die distinkte Stellung des SM1 Euryarchaeons und seiner Verwandten im phylogenetischen Stammbaum bestätigt. Diese und weitere Ergebnisse gipfelten in der Beschreibung des SM1 Euryarchaeons als „Candidatus Altiarchaeum hamiconexum“ - mit der neuen Ordnung „Cand. Altiarchaeales“ ein exzellentes und einzigartiges Modellsystem. Alles in allem, hat Cand. A. hamiconexum in den letzten Jahren äußerst interessante, zahlreiche Eigenschaften bezüglich der Lebensweise, der genomischen Information, des Metabolismus und der Ultrastruktur eröffnetwas diesen Organismus zu einem der best-analysierten unkultivierten Archaeon in der Literatur macht. Unsere Arbeiten an diesem archaeellen System führten zu einer Vielzahl von Auszeichnungen (Posterpreise, Svante Arrhenius Astrobiology Award 2014 (A. Perras) und Promotionspreis der VAAM 2015 (A. Probst)), sowie zu einer Patentanmeldung. Über die 2014 erschienene Publikation in Nature Communications wurde in Publikumsmedien ausführlich berichtet. Zahlreiche Experimente und Resultate basierten auf der äußerst erfolgreichen Kooperation mit Wissenschaftlern in Europa und den USA.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012): “SM1: a cold-loving archaeon with powerful nano grappling hooks“. In: Extremophiles: Microbiology and Biotechnology (Anitori, R. P., ed.), Horizon Press, ISBN: 978-1-904455-98-1
    Moissl-Eichinger, C., Henneberger, R., and Huber, R.
  • (2012): ”An Archaea-dominated subsurface biofilm supports the enrichment of sulfate-reducing Bacteria”, ISME J, 7: 635-651
    Probst, A. J., Holman, H. N., DeSantis, T. Z., Andersen, G. L., Bechtel, H. A., Sonnleitner, M., Venkateswaran, K., and Moissl-Eichinger, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/ismej.2012.133)
  • “Archaeelle Symbionten und Parasiten“, Biospektrum, 03/2012: 244-247
    Moissl-Eichinger, C., and Huber, H.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12268-012-0168-x)
  • (2013): “Microbial syntrophy: interaction for the common good”. FEMS Microbiol Rev. 2013; 37(3):384-406
    Morris, BE; Henneberger, R; Huber, H and Moissl-Eichinger, C
  • (2014): Grappling archaea: Ultrastructural analyses of an uncultivated, coldloving archaeon, and its biofilm. Frontiers in Microbiology: Terrestrial Microbioloy
    Perras, A. K., Wanner, G., Klingl, A., Mora, M., Auerbach, A. K., Heinz, V., Probst, A. J., Huber, H., Rachel, R., Meck, S., and Moissl-Eichinger, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fmicb.2014.00397)
  • (2014): “Biology of a widespread uncultivated archaeon that contributes to carbon fixation in the subsurface”. Nat Commun. 2014; 5: 5497- 5497
    Probst, AJ; Weinmaier, T; Raymann, K; Perras, A; Emerson, JB; Rattei, T; Wanner, G; Klingl, A; Berg, IA; Yoshinaga, M; Viehweger, B; Hinrichs, KU; Thomas, BC; Meck, S; Auerbach, AK; Heise, M; Schintlmeister, A; Schmid, M; Wagner, M; Gribaldo, S; Banfield, JF and Moissl-Eichinger, C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/ncomms6497)
  • (2015). “Altiarchaeales”: Uncultivated Archaea from the Subsurface. Life, 5(2), 1381-1395
    Probst, A. J., & Moissl-Eichinger, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3390/life5021381)
  • (2015): „S- layers at second glance? Altiarchaeal grappling hooks (hami) resemble archaeal S-layer proteins in structure and sequence”. Frontiers in Microbiology, 6, 543
    Perras, A. K., Daum, B., Ziegler, C., Takahashi, L., Ahmed, M., Wanner, G., ... and Moissl-Eichinger, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fmicb.2015.00543)
 
 

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