Kommentar zum "Evangelium nach Maria" (BG 1)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt der Abfassung eines Kommentars zum Evangelium nach Maria bringt eine Auseinandersetzung mit den Einzelproblemen in der gesamten Schrift mit sich und führt in der Folge zu einer grundlegenden historischen und theologischen Einordnung, in der die Einzelergebnisse zu einem Gesamtbild integriert werden. In meiner Arbeit ist sichtbar geworden, dass das Evangelium nach Maria nicht nur viele Einzeltraditionen aus verschiedenen Hintergründen aufnimmt, sondern sie in einem hohen Maße – stärker als bei vergleichbaren Schriften der Zeit – verarbeitet. Das Evangelium drückt so seine spezifische, teilweise sehr originelle Theologie aus, zeigt aber gleichzeitig seine Verbundenheit mit schon anerkannten Positionen. Es lässt sich an vielen Stellen eine inhaltliche Verschiebung gegenüber Vergleichstexten beobachten. Dieser Charakter der Schrift bedeutet, dass sie je nach Hintergrund und Gewichtung der Übereinstimmungen und Unterschiede zu den verwendeten Traditionen unterschiedlich gelesen werden kann und erklärt auch die Schwierigkeiten, die die bisherige Forschung mit der Einordnung hat. Meiner Meinung nach versucht das Evangelium nach Maria eine Festlegung an einigen Stellen bewusst zu vermeiden. Besonders deutlich wird dies in der strittigen Frage nach dem „gnostischen“ Charakter der Schrift. Die neu zugängliche Parallele aus dem Buch des Allogenes belegt erstmals eindeutig, dass das Evangelium nach Maria auch solche Traditionen kennt und aufgreift, zeigt aber auch, dass es sie in wesentlichen Punkten verändert. „Gnostisches“ Material gehört wie viele andere theologische und philosophische Vorstellungen der Zeit zum Kontext der Schrift, in dem sie sich bewegt, aber aktiv werden spezifische Vorstellungen wie die Trennung des obersten Gottes von der Erschaffung der Welt nicht vertreten. Offen bleiben muss aber, ob das Evangelium nach Maria vor allem seine eigene Position mit einer Kombination von heute für unvereinbar gehaltenen Vorstellungen ausdrückt oder ob es absichtlich möglicherweise anstößige Festlegungen vermeidet. In Bezug auf die vorkommenden Personen, die in der bisherigen Forschung eine große Rolle gespielt haben, bietet meine Arbeit eher kleinere Ergänzungen und Verschiebungen. Deutlich wird jedenfalls der literarische Charakter der Darstellung, der Rückschlüsse auf den sozialen Kontext erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Ein Punkt, in dem das Evangelium nach Maria eine Festlegung vermeidet, ist die Frage, ob Marias besondere Rolle eine Forderung nach entsprechenden Rechten auch für andere Frauen einschließt. Dieser Punkt ist aber auch heute noch besonders interessant für eine breitere Öffentlichkeit.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Gospel of Mary. e-Clavis: Christian Apocrypha
Judith Hartenstein
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Erscheinungsevangelien (Gespräche mit dem Auferstandenen) im Kontext frühchristlicher Theologie: Anknüpfungspunkte und Besonderheiten der christologischen Vorstellungen, in: Jens Schröter (Hg.), The Apocryphal Gospels within the Context of Early Christian Theology, BEThL 260, Leuven 2013, 305-332
Judith Hartenstein
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Encratism, asceticism and the construction of gender and sexual identity in apocryphal Gospels, in: Andrew Gregory / Christopher Tuckett (ed.), The Oxford Handbook of Early Christian Apocrypha, Oxford 2015, 389-406
Judith Hartenstein
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Wie "apokryph" ist das Evangelium nach Maria? Über die Schwierigkeiten einer Verortung, in: Nicklas, T. / Moss, C.R. / Tuckett, C. / Verheyden, J. (eds.), The Other Side: Apocryphal Perspectives on Ancient Christian "Orthodoxies", NTOA 117, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, 117-133
Judith Hartenstein
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Mary, Gospel of (BG 8502,1) in: The Encyclopedia of the Bible and Its Reception (EBR), 2019
Judith Hartenstein
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The Designation „Gnostic“ for the Gospel of Mary and its Implications. A Critical Evaluation, erscheint in: Re-Making the World: Categories and Early Christianity. Essays in Honor of Karen L. King, Mohr Siebeck, Tübingen 2019. S. 95-112
Judith Hartenstein
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Why Mary? The Gospel of Mary and its Heroine, in: Maria, Mariamne, Miriam: Rediscovering the Marys, ed. Mary Ann Beavis and Ally Kateusz, Bloomsbury T&T Clark 2021
Judith Hartenstein