Detailseite
Projekt Druckansicht

Selbstdiffusion in amorphem Silizium

Fachliche Zuordnung Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Herstellung und Eigenschaften von Funktionsmaterialien
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 211026848
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Amorphes Silizium (a-Si) ist der Prototyp eines amorphen Halbleiters. Trotz seiner technologischen Bedeutung v. a. im Bereich Solarzellen, Dünnschichttransistoren und Li-Ionen-Batterien liegen für dieses Basismaterial keinerlei experimentelle Daten bezüglich der Selbstdiffusionskoeffizienten vor. Dies ist auf die geringe atomare Beweglichkeit, aufgrund der kovalenten Bindung, gepaart mit der Metastabilität dieses Materials zurückzuführen. Die Kenntnis der Selbstdiffusion ist, neben einem grundlegenden Verständnis, wichtig für die thermische Stabilität und das Kristallisationsverhalten, zur Charakterisierung atomarer Punktdefekte sowie für eine Beschreibung struktureller Umordnungs- und Relaxationsvorgänge. Im vorliegenden Projekt konnte erstmals die Selbstdiffusion in a-Si in Abhängigkeit von der Temperatur und der Glühzeit mittels Neutronenreflektometrie (NR) an [29Si/28Si] Isotopmultilagen charakterisiert werden. Die Proben wurden mit Ionenstrahl-Sputtern hergestellt. Zudem fanden ergänzende Experimente mit Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS) statt, die die NR-Messungen bestätigten. Im Temperaturbereich zwischen 550 und 700 °C findet langreichweitige Diffusion statt. Die Diffusionskoeffizienten sind unabhängig von der Glühzeit, um ca. fünf Größenordnungen höher als im kristallinen Zustand und folgen dem Arrheniusgesetz mit einer Aktivierungsenergie von 4.4 eV (etwas kleiner als im kristallinen Zustand: 4.95 eV). Die Größe der Aktivierungsenergie zeigt, dass diese die Summe der Migrations- und Defektbildungsenergie darstellt. Der große Unterschied der Diffusionskoeffizienten im amorphen und kristallinen Zustand wird auf eine große Diffusionsentropie von 25 kB zurückgeführt, die auf Diffusion mittels räumlich ausgedehnter Defekte hinweist, die mehrere Atome umfassen. Ein Einzelexperiment an einer mit Wasserstoff beladenen Probe deutet an, dass hier die Diffusion langsamer ist und somit unabgesättigte Bindungen eine wichtige Rolle für den Diffusionsmechanismus spielen. Experimente an hoch mit Phosphor dotierten Proben zeigen keine signifikanten Unterschiede bei hohen Temperaturen von 650 °C. Im Temperaturbereich zwischen 400 und 500 °C dagegen, ist die langreichweitige Diffusion auf Zeitskalen bis zu 100 h aufgrund von zu niedrigen Diffusionskoeffizienten (< 1 x 10^-25 m2/s) nicht nachweisbar und damit „eingefroren“. Jedoch finden kurzreichweitige und zeitabhängige Diffusionsprozesse auf einer Längensakla von < 3 nm statt. Dieses Verhalten wird mit dem Vorhandensein struktureller Relaxationsprozesse und damit verknüpften Defektannihilationsprozessen interpretiert und beschreibt Nichtgleichgewichtsprozesse. Auch hier folgen die Diffusionskoeffizienten dem Arrheniusgesetz mit einer Aktivierungsenergie von nur 0.7 eV, was mit der Migrationsenthalpie von Si interpretiert wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Experiments on the Investigation of Self-Diffusion in Amorphous Silicon, DPG-SKM conference, Regensburg, 2013
    F. Strauß, H. Schmidt, J. Stahn, T. Geue
  • Self-Diffusion in Amorphous Silicon Investigated by Neutron Reflectometry, DPG-SKM conference, Berlin, 2015
    F. Strauss, H. Schmidt, T. Geue, J. Stahn
  • Short Range Atomic Movements in Amorphous Silicon Studied by Neutron Reflectometry, Diffusion in Materials 2014, Münster, 2014
    F. Strauß, H. Schmidt, J. Stahn, T. Geue
  • Short Range Silicon Migration in Amorphous Silicon Observed by Neutron Reflectometry, DPG-SKM conference, Dresden, 2014
    F. Strauß, H. Schmidt, J. Stahn, T. Geue
  • Neutron Reflectometry for the Investigation of Self-Diffusion in Amorphous Silicon, Defect and Diffusion Forum 363 (2015), 225
    F. Strauß, T. Geue, J. Stahn, H. Schmidt
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4028/www.scientific.net/DDF.363.225)
  • Diffusion Studies in Amorphous Si and Si-Li Compounds Using Neutron Reflectometry, German Conference on Neutron Scattering 2016, Kiel
    F. Strauß, E. Hüger, B. Jerliu, J. Stahn, T. Geue, A. Koutsioubas, S. Mattauch, H. Schmidt
  • Self-Diffusion in Amorphous Silicon, Physical Review Letters 116 (2016) 025901
    F. Strauß, T. Geue, J. Stahn, A. Koutsioubas, S. Mattauch, H. Schmidt
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.116.025901)
  • Short Range Atomic Migration in Amorphous Silicon, Journal of Applied Physics (2016)
    F. Strauß, B. Jerliu, T. Geue, J. Stahn, H. Schmidt
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.4948333)
  • Untersuchung von amorphem Silizium hinsichtlich der Selbstdiffusion und der Lithium-Permeation, Dissertation, TU Clausthal, 2017. III, 155 S.
    F. Strauß
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung