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Chemische und physikalische Charakterisierung von Nanoschichtsystemen

Fachliche Zuordnung Analytische Chemie
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 21213522
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurden chemische und physikalische Eigenschaften dünner Schichten (etwa 100 nm dick) bestimmt. In den als superharte Materialien oder in elektronischen und Lumineszenz-Vorrichtungen einsetzbaren Verbindungen BCxNy und SiCxNy wurden die chemischen Bindungen bestimmt und ausgewählte physikalische Eigenschaften ermittelt. Neben den verschiedenen Carbonitriden sind eine Reihe ultradünner Titan- bzw. Titanoxidschichten, die unter Kohlenstoff vergraben worden sind, hinsichtlich ihrer elektronischen Struktur und chemischen Bindungszustände untersucht worden. Im Rahmen dessen wurde die „Photon-in - Photon out Methode GIXRF-NEXAFS entwickelt, die es gestattet, zerstörungsfrei tiefvergrabene Schichten oder Multilagensysteme zu untersuchen. Des Weiteren wurden u.a. mithilfe der Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) an metallischen Vielfachschichten die Reinheit, die Reihenfolge, die Rauigkeit, die Dichte, die Homogenität und die Dicke simultan bestimmt. Zur Klärung der Bindungszustände in durch „Chemische Abscheidung aus der Gasphase" hergestellte Bor- und Siliziumcarbonitrid-Schichten wurden aufwändige Speziationsverfahren eingesetzt. Durch Variation der eingestrahlten Energie von Photonen wurden Emissionsspektren aufgenommen, in denen Resonanzsignale die Bindungszustände charakterisieren. Die dazu notwendigen oberflächensensitiven TXRF-NEXAFS-Messungen wurden in Berlin am Plangittermonochromatorstrahlrohr für Undulatorstrahlung der PTB am Elektronenspeicherung BESSY ll durchgeführt. Zusätzlich wurden bei der Bestrahlung mit monoenergetischen Photonen Elektronen emittiert, deren kinetische Energie erlaubt, die Bindungsenergie zu ermitteln. Komplementär dazu wurden XPS-Messungen in Darmstadt am DAISY-SOL durchgeführt. In den Messungen konnten mittels TXRF-NEXAFS und XPS an 4 Probenserien (verschiedene Ausgangsmaterialien und Hilfsgase) von Borcarbonitriden folgende Bindungen identifiziert werden: Dominierend sind B-N-Bindungen sowie B-C- und C-N-Bindungen. Damit konnte ermittelt werden, dass BCxNy-Komponenten verschiedener Zusammensetzung synthetisiert worden waren. Die Elementverhältnisse variieren vor allem mit der Art und dem Partialdruck des Hilfsgases. Erschwert wurden die Untersuchungen durch die Tatsache, dass die Zusammensetzungen der Produktschichten an den Oberflächen und im Innern unterschiedlich sind. An den Oberflächen wurden Überschüsse an Kohlenstoff und Sauerstoff identifiziert. Die Spektren der Siliziumcarbonitridproben weisen unabhängig von Reaktions- und Hilfsgas Ähnlichkeiten mit denjenigen des Referenzmaterials Si3N4 auf. Neben Si-N-Bindungen konnten aber auch Si-C-Bindungen, hexagonal angeordneter Kohlenstoff, sowie - schwach ausgeprägt - C-N-Bindungen identifiziert werden. Daraus lässt sich ableiten, dass SiCxNy- Komponenten verschiedener Zusammensetzung vorlagen. Auch diese Proben waren mit Sauerstoff verunreinigt. Als Besonderheit wurde bei diesen Proben ein Temperatureffekt bei den Synthesebedingungen ermittelt, da mit zunehmender Synthesetemperatur Si-C-Bindungen zugunsten von Si-N-Bindungen und hexagonal angeordnetem Kohlenstoff umgewandelt wurden. Die zerstörungsfreie chemische Speziation von tief vergrabenen Nanoschichtsystemen stellt eine Herausforderung für konventionelle, zumeist auf Elektronendetektion basierenden Methodiken aufgrund ihrer auf einige wenige Nanometer begrenzten Informationstiefe dar. Aus diesem Grund ist im vorliegenden Vorhaben eine neue Methode entwickelt worden, die in der Lage ist, diese Einschränkungen zu überwinden. Die grundsätzliche Idee dieser „Photon in - Photon out" Spektroskopie ist es, Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAFS bzw. NEXAFS) mit referenzprobenfreier Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA, engl. X-Ray-Fluorescence analysis. Abkürz. XRF) zu verbinden. Dabei wird unter streifenden Einfall oder auch „Grazing Incidence" (Gl) eingestrahlt, woher die Bezeichnung GIXRF herrührt. Das GIXRF-Regime ist charakterisiert durch ein stehendes Wellenfeld (X-ray Standing Wave field - XSW), das oberhalb und innerhalb eines Probensystems mit sehr flacher Oberfläche entsteht, wenn einfallender und reflektierter Strahl interferieren. Dabei weist dieses stehende Wellenfeld eine Abhängigkeit von der eingestrahlten Photonenenergie und dem Einfallswinkel auf. Diese Winkelabhängigkeit ermöglicht, die Eindringtiefe des Strahls von einigen wenigen bis zu einigen hundert Nanometer zu variieren. Da während einer NEXAFS Messung die Energie der einfallenden Photonen durchgestimmt wird, ändert sich auch die Eindringtiefe entsprechend, insbesondere sehr signifikant an den Absorptionskanten der zu untersuchenden Elemente. Die Konsequenz für die Absorptionsspektroskopie ist, dass für jede Energie der Einfallswinkel angepasst werden muss, um die Eindringtiefe konstant zu halten. Im Rahmen dessen ist eine „mittlere Eindringtiefe" definiert worden, um mithilfe von Berechnungen der Intensitätsverteilung des stehenden Wellenfeldes in der zu untersuchenden Schicht, den jeweils erforderlichen Einfallswinkel zu bestimmen. Zur Validierung der GIXRF-NEXAFS Methodik sind zwei sehr ähnliche Probensysteme, bestehend aus 30 nm bzw. 10 nm dicken Titanschichten, die unterschiedlich stark oxidiert und jeweils unter einer 5 nm dicken Kohlenstoffschicht vergraben wurden, mittels einer „lon Beam Sputtering Deposition" Technik hergestellt worden. Es sind GIXRF-NEXAFS Untersuchungen an den Titan Liii,ii Kanten der verschieden stark oxidierten Titanschichten vorgenommen worden, zum einen mit konstantem und zum anderen mit einem variierenden und jeweils optimal angepassten Einfallswinkel. Dabei ergab sich, dass bei konstantem Winkel die NEXAFS-Struktur nur bedingt beobachtbar ist und sich prinzipiell nur aus der Lage der Absorptionskante die Oxidationsstufe bestimmen lies. Um nun die Feinstruktur an den Liii,ii Kanten zu bestimmen, musste sichergestellt werden, dass die mittlere Eindringtiefe konstant blieb, wozu entsprechende Winkelmodifikationen während der Messungen durchgeführt wurden. Die mit diesen korrigierten Einfallswinkeln aufgenommen NEXAFS-Spektren weisen eine signifikante Feinstruktur auf, die für das entsprechende Titanoxid spezifisch sind, wodurch sich die Oxide bzw. auch entstandenen Mischsysteme zweifelsfrei identifizieren ließen. GIXRF-NEXAFS liefert somit für vergrabene Systeme Ergebnisse, die vergleichbar zu anderen zerstörungsfreien, jedoch eher oberflächensensitiven Techniken wie XPS oder TXRF-NEXAFS sind, wenn oberflächennahe Schichten oder Bulkmaterialien untersucht werden. Die in den Diplomarbeiten von Herrn O. Baake und Frau M. Bleuel gefundenen Abweichungen der mit Hilfe der XRF erhaltenen Ergebnisse für die Schichtdicken von Elementen niedriger Ordnungszahl, hier ist vor allem das Aluminium zu nennen, konnten in Kooperation mit dem Projektpartner PTB und einigen weiteren Industriepartnern erkannt und gelöst werden. Dazu mussten Korrekturen an den realen Anregungsspektren, an den Fluoreszenzausbeuten und an den Massenabsorptionskoeffizienten durchgeführt werden sowie Sekundäranregungen durch Photonen und Photoelektronen berücksichtigt werden. Nach Modellrechnungen an den Borcarbonitriden wird von der kubischen Phase (c-BCN) eine Härte erwartet, die mit derjenigen des Diamants vergleichbar ist. Die hexagonale Phase (h-BCN) sollte dagegen wegen ihrer Halbleitereigenschaften mit einem variablen Bandabstand interessant für Anwendungen in elektronischen bzw. Lumineszenz- Einrichtungen sein. Für die Siliziumcarbonitride gilt die Vorstellung, dass In ihnen die Eigenschaften von Si3N4 und SiC kombiniert werden. Im direkten Vergleich zu den binären Carbiden und Nitriden wird eine höhere Härte, bessere Stabilität gegen Oxidation und Beständigkeit gegen Korrosion vorausgesagt. Folgerichtig sind die Untersuchungen zum Vergleich der chemischen Bindungszustände mit den physikalischen Eigenschaften der Schichten von großer Bedeutung. Die physikalischen Eigenschaften hängen in vielen Fällen von der physikalischen und/oder chemischen Bindung an das Substrat ab, die sich wiederum mit der Herstellungsmethode ändern. Dabei bilden sich mehr oder weniger dicke Grenzschichten, deren Zusammensetzung sich z.T. deutlich von Substrat und Hauptschicht unterscheiden kann.

 
 

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