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Die mittelalterliche jüdische Kultur in Erfurt (Band 3) "Der Schatzfund / Die Münzen und Barren"

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2012 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 212384590
 
Band 3: Die Münzen und BarrenDer Erfurter jüdische Schatzfund enthält einen umfangreichen monetären Bestandteil, der aus 3141 silbernen Groschenmünzen, sogenannten Turnosen und 14 Silberbarren besteht (insgesamt ca. 23,5 kg). Sie stellen jeweils den größten bisher bekannt gewordenen Komplex ihrer Art dar und bilden darum eine einzigartige Quelle für die hochmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte und Numismatik. Der vorliegende Band legt dieses wichtige Material für die Forschung erstmals und vollständig in Form eines Katalogs vor und bietet dazu umfassende sowohl numismatisch/wirtschaftsgeschichtliche als auch naturwissenschaftliche Analysen. Die Barren sind in oben offenen Sandformen herstellte "Gusskönige" unterschiedlichen Gewichts, die - mit einer Ausnahme - auf der planen Oberseite gestempelt wurden. Solche Stempelungen waren in Erfurt seit 1290 vorgeschrieben und konnten hier erstmals nachgewiesen werden. Neben dem Mainzer Rad (Stadtwappen von Erfurt) und anderen Bildern ist vor allem der Stempel Johannis Nases hervorzuheben, der im 14. Jh. mehrfach in Erfurt nachzuweisen ist. Im Zusammenhang mit dem Herkunftsnachweis des enthaltenen Bleis aus dem Harz belegt dies die lokale Herstellung der Barren, die sich außerdem durch ihren besonders hohen Feinsilbergehalt im Vergleich zu anderen Silberbarren des Hochmittelalters auszeichnen. Mit ihrer sich andeutenden Massengruppierung sind sie Vorläufer eines für Ende des 14. Jh. nachweisbaren Umlaufs mehrfach gestempelter und gewichtsnormierter Barren, bevor das Barrensilber endgültig durch Goldmünzen aus dem allgemeinen Umlauf verdrängt wurde. Bei den Münzen handelt es sich durchweg um "gleich aussehende" Stücke, die ab 1266 als gros tournois in großen Mengen in Frankreich und unter langjähriger Beibehaltung von Gewicht und Feingehalt in verschiedenen Münzstätten vorrangig für den Außenhandel geprägt worden sind. Die im Deutschen "Turnosgroschen" oder "Turnosen" genannten Prägungen waren zu Beginn des 14. Jh. eine wichtige und wertstabile Münze im Rhein-Main-Gebiet. Dies ging mit der langjährigen Herstellung "detailgetreuer" Nachahmungen französischer Königsturnosen einher, die man heute nur schwer erkennen kann. Statistische Auswertungen vorhandener Merkmalskombinationen verweisen auf einen möglichen Anteil dieser Nachahmungen von bis zu 50 % im Erfurter Schatzfund, die sich teilweise auch durch technologische Besonderheiten (Schaumsilber) von den "Originalen" abheben. Unter Kaiser Ludwig IV., dem Bayem, wird 1328 erstmals das Recht vergeben, "gezeichnete" Turnosen zu prägen. Im Fund sind vier Stücke mit seinem Namen, herausgegeben von Adolf VIII. von Berg. Eine Turnose mit Umschrift LUDOWICVS QVART, also auch Ludwig IV. zuzuschreiben, könnte noch 1345 in Frankfurt am Main entstanden sein. Die sich daraus ergebende postquem-Datierung des Schatzfundes ergänzt sich sehr gut mit der aus historischen Gründen hohen Wahrscheinlichkeit, dass er im Zusammenhang mit dem Pogrom von 1349 in Erfurt versteckt wurde und danach durch seinen ehemaligen Eigentümer nicht mehr geborgen werden konnte. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schmuckstücke des Schatzes weder aus dem Barrensilber noch aus den Münzen gefertigt wurden. Sie müssen vielmehr als Beleg für Fernhandel mit dem westeuropäischen Raum und evtl. Kreditgeschäfte betrachtet werden.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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