Integration der elektromagnetischen Blechumformung in den Bearbeitungskopf einer Werkzeugmaschine
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war die sequenzielle Kombination konventioneller, quasistatischer Umformprozesse und elektromagnetischer Umformoperationen auf einer Werkzeugmaschine. Die wesentliche technologische Aufgabenstellung bestand damit in der Entwicklung und Integration der erforderlichen Werkzeugtechnik und Energiezuführung. Neben dem Nachweis der technologischen Machbarkeit galt es durch die Untersuchung von Prozesseffizienz und Spulenbelastung auch die Wirtschaftlichkeit einer derartigen Prozesskombination zu untersuchen. Mit der Entwicklung von Prozessstrategien zur elektromagnetischen Umformung von Werkstoffen mit geringer elektrischer Leitfähigkeit sollte zudem das Einsatzspektrum der Technologie erweitert und so die Flexibilität gesteigert werden. Die Integration der elektromagnetischen Umformung erfolgte anhand einer Stanzmaschine, die dem Institut für Umformtechnik und Leichtbau leihweise durch den Projektpartner zur Verfügung gestellt wurde. In einem mehrstufigen Entwicklungsprozess wurde eine Flachspule konzipiert, die sich für den Betrieb in der unteren Werkzeugaufnahme der Stanzmaschine eignet und auch für einen automatischen Rüstvorgang vorbereitet ist. Ergänzend wurde ein Kollektor in die Stanzmaschine integriert, der die Hochstromverbindung zwischen Pulsgenerator und Werkzeugspule herstellt. In Verbindung mit der eigens entwickelten Werkzeugklemmung wird so eine robuste und automatisierbare Kontaktierung der Werkzeugspule sichergestellt. Durch eine steuerungstechnische Verknüpfung von Stanzmaschine und Pulsgenerator kann der Befehl zur elektromagnetischen Umformung an beliebiger Stelle im NC-Programm der Stanzmaschine eingebunden werden und führt zur Auslösung einer elektromagnetischen Umformoperation einschließlich der erforderlichen Vorlaufoperationen. Die Funktionsfähigkeit des realisierten Konzeptes zur prozessintegrierten elektromagnetischen Umformung wurde erfolgreich anhand eines repräsentativen Spektrums von Demonstratorbauteilen nachgewiesen. Die elektromagnetische Umformung von Werkstoffen mit geringer elektrischer Leitfähigkeit (z.B. Edelstahl) wurde durch den Einsatz von Treiberfolien realisiert. Diese Folien aus einem Werkstoff mit hoher elektrischer Leitfähigkeit werden zwischen Spule und Werkstück positioniert und führen zu einer gesteigerten magnetischen Druckwirkung. Anhand experimenteller Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass eine niederfeste Aluminiumlegierung trotz geringerer elektrischer Leitfähigkeit gegenüber Kupfer als Treiberwerkstoff zu bevorzugen ist. Der Grund hierfür ist in der geringen Fließgrenze und Kaltverfestigungsneigung des Aluminiums zu sehen. Für die Foliendicke als zweiten wesentlichen Parameter der Treiberkonfiguration konnte ein von der Umformaufgabe abhängiges Optimum identifiziert werden. Der Einfluss der Prozess- und Werkstückparameter auf dieses Optimum wurde hinsichtlich Richtung und Stärke identifiziert. Damit liefern die Ergebnisse die Grundlage für eine effizienzmaximierende Prozessauslegung der treiberbasierten elektromagnetischen Umformung. Eine gesteigerte Wirtschaftlichkeit aufgrund eines reduzierten Energieeinsatzes ist als positive Folge dieser Prozessstrategie anzuführen. Hierdurch wird zeitgleich auch die thermomechanische Belastung der Werkzeugspule reduziert, da eine gegebene Umformaufgabe mit einer geringen Entladestromamplitude durchführbar ist. Die im industriellen Umfeld angestrebten kurzen Taktzeiten führen bei der elektromagnetischen Umformung zu einer unerwünschten Erwärmung der Werkzeugspule. Um die Notwendigkeit für etwaige Konzepte zur Werkzeugspulenkühlung bzw. zur Reduzierung der Stromwärmeverluste genauer beurteilen zu können, wurde das thermische Belastungskollektiv der Werkzeugspule in Langzeitversuchen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass nach einer anfänglichen Phase der Erwärmung ein stationärer thermischer Zustand mit Oberflächentemperaturen von bis zu 100°C und Leitertemperaturen im Spuleninneren von bis zu 150°C eintritt. Der untersuchte Einfluss zentraler Prozessparameter wie Werkstückwerkstoff, Umformaufgabe, Ladenergie und Taktzeit auf die Temperaturen im stationären Zustand liefert mögliche Instrumente zur Reduzierung der thermischen Spulenbelastung. Auf der Grundlage der numerischen Simulation der Spulenerwärmung konnte zudem aufgezeigt werden, dass ein Unterbinden des Entladevorgangs nach der ersten Stromhalbwelle die thermische Spulenbelastung signifikant reduziert. Das für diese angepasste Entladestromcharakteristik erforderliche Pulsgeneratorkonzept wurde im Rahmen des Projektes entwickelt und zum Patent angemeldet. Aufbau und Erprobung des neuen Pulsgeneratorkonzeptes unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte Spulenlebensdauer und Prozesseffizienz sollen im Rahmen eines zukünftig zu beantragenden Forschungsvorhabens untersucht werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2014. Efficient punching using integrated flattening. In: Proceedings of the International Conference “New Developments in Sheet Metal Forming”, Fellbach, Germany, 13. – 14. Mai 2014, S. 81 – 97
Erlenmaier, W.; Kappes, J.; Tatarczyk, A.; Tekkaya, A. E.; Gies, S.
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2014a. Thermal loads of working coils in electromagnetic sheet metal forming. Journal of Materials Processing Technology, Volume 214, Issue 11, November 2014, S. 2553-2565
Gies, S.; Löbbe, C.; Weddeling, C.; Tekkaya, A. E.
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2014b. Experimental Investigations on the optimum driver configuration for electromagnetic sheet metal forming. In: Proceedings of the 6th International Conference on High Speed Forming, Deajeon, Korea, 27. Mai - 28. Mai 2014, S. 315 - 324
Gies, S.; Weddeling, C.; Tekkaya, A. E.