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Entgrenzungen von Kunst/Werk und Ding (A12#)

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2012 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5485744
 
[...] Auf der Basis konkreter Fallstudien vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart will das Projekt entscheidende Konstellationen dieses Wechselverhältnisses von Kunstwerk und Ding untersuchen. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass die Entgrenzung von Kunstwerk und Ding nicht erst in den künstlerischen Ding-Werk-Symbiosen des 20. Jahrhunderts verhandelt wird, sondern bereits in der Kunst und dem Kunsthandwerk des 19. Jahrhunderts spezifische Ausformulierungen erfahren hat. Das Teilprojekt setzt daher im 19. Jahrhundert an und verfolgt die Grenzziehungen und Entgrenzungen von Kunstwerk und Ding von hier aus bis in die Kunst der Gegenwart. Neben den darstellenden Künsten Malerei und Skulptur wird dabei auch der Fotografie und der ihr zugesprochenen, chemisch-physikalisch verbürgten Realpräsenz von Objekten eine bedeutende Rolle zukommen. Vor allem aber auch das Kunsthandwerk, das aufgrund seiner Verbindung von ästhetischer Gestaltung und Funktionalität immer schon eine besondere Nähe zur Dinghaftigkeit und Zweckdienlichkeit seiner Produkte hatte (und diese entweder eigens betonen oder aber im Gegenteil ästhetisch überformen soll) wird eine zentrale Rolle spielen. Zwei Grundhypothesen sind für die Arbeit des Teilprojekts entscheidend: 1) Ästhetische Erfahrung konstituiert sich gerade auch an den Grenzverläufen, den Schwellen und Übergängen zwischen künstlerischen und außer-künstlerischen Phänomenen, das heißt dort, wo der ästhetische Status des Kunstwerks nicht bereits gesichert und stabil ist, sondern in Frage steht und sich in Absetzung von seinem Charakter als bloßes Ding zuallererst herausbilden muss. 2) Der potentiellen Kunstwerdung des Dings entspricht zugleich eine potentielle Dingwerdung der Kunst, sobald nämlich die Dinghaftigkeit des Werks sich aufdrängt und die Wahrnehmung unter Umständen sogar dominiert. Das geschieht beispielsweise, wenn sich in künstlerischen Strategien der Authentifizierung durch dokumentarische Verfahren die im Kunstwerk repräsentierte 'Sache selbst' zeigen soll, wenn der Dingcharakter in Werken der Gegenwartskunst durch Ausfälle und Dysfunktionen zum Vorschein kommt oder wenn - in den ästhetischen Urteilskategorien des Kunsthandwerks - 'schlecht' oder 'falsch' gestaltete Gebrauchsdinge als "böse" und widerspenstig erlebt, beschrieben und ausgestellt werden. Ziel des Projekts ist es, dieses Oszillieren zwischen Kunst/Werk und Ding, zwischen ästhetischer Erfahrung und lebensweltlichem Gebrauch, zwischen künstlerisch vermittelter Illusion und Erscheinen der 'Sache selbst' in seinen verschiedenen historischen Ausformungen als spezifischen Erfahrungsraum in der Kunst der Moderne und der Gegenwart sichtbar zu machen. Diese Erfahrungsräume sollen dabei nicht mit dem Ziel einer begrifflich-kategorischen Fixierung und ontologischen Festlegung (Kunstwerk oder Ding?) in den Blick genommen werden, vielmehr geht es gerade um die Erforschung der historisch variablen, wechselseitigen Übergänge und Entgrenzungen zwischen einer Kunstgeschichte des Dings und einer Dinggeschichte der Kunst. Das Teilprojekt schließt mit dieser Thematik unmittelbar an die erforschten Schwerpunkte "Ästhetisches Urteilen" und "Erfahrungsräume der Kunst" an. Die unter diesen Schwerpunkten zusammengefassten Studien zur Wechselwirkung von Erfahrungs- und Urteilsprozessen, zu Formen und Verfahren der ästhetischen Zuschreibung sowie zur Spannung der Kunsterfahrung zwischen Immanenz und Weltbezug ihres Wahrnehmungsgegenstands werden durch die geplanten Untersuchungen zur konstitutiven Öffnung ästhetischer Erfahrung zur realen Dingwelt um eine grundlegende Dimension ergänzt.
DFG-Verfahren Sonderforschungsbereiche
Antragstellende Institution Freie Universität Berlin
Teilprojektleiter Professor Dr. Peter Geimer
 
 

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