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"Gewerbewurten" und "Geestrandhäfen" - mittelalterliche Handelshäfen an der deutschen Nordseeküste.
Antragsteller
Professor Dr. Hauke Jöns; Dr. Martin Segschneider
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2012 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 219305186
Zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert bildete die südöstliche Nordseeküste eine wichtige Kontaktzone zwischen dem fränkischen/karolingischen Reich und seinen Nachfolgern und den dänischen bzw. norwegischen Königreichen im Westen Skandinaviens. In der von Friesen besiedelten Küstenzone bildeten sich in dieser Zeit zahlreiche, auf den Nordseehandel ausgerichtete Handelsorte heraus, deren Lage optimal an die naturräumlichen Begebenheiten angepasst waren und deren Häfen besondere Bedeutung innerhalb des Siedlungsgefüges besaßen. In der unbedeichten Marsch mussten diese Orte künstlich erhöht werden, um auch beim Tidehochwasser und bei Sturmfluten bestehen zu können. Einige von ihnen wurden bereits als Handwerker- und Händlersiedlungen – in diesem Antrag als „Gewerbewurten“ bezeichnet – meist in etwas zurückgesetzten, ruhigeren Buchten oder Seitenarmen von gezeitenbeeinflussten Wasserläufen gegründet. An den Geesträndern entstanden außerdem im Nahbereich von Wasserläufen Befestigungsanlagen (Geestrandburgen) mit benachbarten Siedlungen, in denen Handel und spezialisiertes Handwerk betrieben wurden, so dass sie zum einen militärisch geschützt und zum anderen wirtschaftlich kontrolliert werden konnten. Gemeinsam bildeten Gewerbewurten und Geestrandburgen im Bereich der südlichen Nordseeküste zentrale Bestandsteile des Rückgrats der Handelsschifffahrt des Früh- und Hochmittelalters. Die Hafenanlagen dieser Orte sind im gesamten deutschen Nordseeküstenraum bislang kaum bekannt. Hier will das beantragte Projekt ansetzen: Ausgehend von den bereits in Bohr- und Grabungsarchiven, Magazinen, Datenbanken der Denkmalbehörden und in der Literatur publizierten Informationen, sollen Hafenanlagen mit Hilfe von Bohrungen, geophysikalischen Messungen und archäologischen Sondagen lokalisiert und prospektiert werden, um Hinweise auf ihre Struktur, Konstruktion und Funktionalität sowie auf ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung zu gewinnen. Aufgrund der komplexen naturräumlichen Voraussetzungen wird dabei die Rekonstruktion der jeweiligen Paläotopographie von zentraler Bedeutung sein, so dass ein interdisziplinärer Methodenkanon vor allem der Disziplinen Archäologie, Bodenkunde, Geologie und Geophysik zum Einsatz kommen soll.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Mitverantwortliche
Professor Dr. Felix Bittmann; Dr. Annette Siegmüller