"Gewerbewurten" and "Geestrandhäfen" - medieval harbours of trading places along the German North Sea coast
Final Report Abstract
Im Rahmen des Nordseehäfen-Projekts konnten zahlreiche neue Erkenntnisse über die Strukturen des während des Mittelalters an der deutschen Nordseeküste vorhandenen Kommunikations- und Austauschstrukturen sowie der dabei genutzten Transportwege und Häfen gewonnen werden. Dies ist in erster Linie dem konsequenten Einsatz eines Methodenkanons zu verdanken, der Forschungsansätze aus der Geologie, Geophysik und Bodenkunde mit denen der archäologischen Siedlungsforschung und der historischen Geographie mit einander kombiniert zum Einsatz gebracht hat. Die Kooperation mit dem Zentralprojekt Geophysik hat darüber hinaus zahlreiche wichtige Impulse gegeben, die für den positiven Verlauf des Projektes ausschlaggebend waren. Das Vorhaben war mit der Arbeitshypothese begonnen worden, dass während des Mittelalters entlang der Nordseeküste spezialisierte Siedlungen existiert haben, die Teil des überregionalen Austausch- und Kommunikationssystems waren. In den Marschgebieten handelte es sich dabei um Wurten, die so an Wasserläufen angelegt worden waren, dass sie gut an die Verkehrswege des Nordseeraums angebunden waren. Diese Hypothese konnte im Rahmen des Projekts im Kern bestätigt werden. Für mehrere, der bislang als Gewerbewurten diskutierten Fundplätzen konnte durch die kritische Analyse aller verfügbare Daten nachgewesen werden, dass die Funktion als Gewerbewurt meist nur zeitweise bestand. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Gründung der Wurten mit der Intention erfolgte, Handelsplätze zu errichten, wie das im vieldiskutierten Langwurten-Modell beschrieben war. Insbesondere die erneute Auswertung der Grabungsdokumentation der bereits in den 1950er Jahren durchgeführten Bohrungen und Sondagen auf der Wurt Groothusen haben zeigen können, dass zunächst von einer landwirtschaftlichen Prägung der Siedlung auszugehen ist, die wohl auch während der Blüte des Handelsplatzes auf der Wurt nicht unterbewertet werden darf. Eine Verbindung zwischen der gewerblichen Nutzung und der langgestreckten Grundform der Wurten ist nicht erkennbar; diese entstand in den meisten Fällen, durch die Verbindung mehrerer benachbarter Wurten; entsprechend kann festgestellt werden, dass das Langwurten-Modell keine Bestätigung gefunden hat. Dagegen hat es sich bestätigt, dass die auf dem Geestrücken „Hohe Lieth“, Landkreis Cuxhaven genauso wie auf den nordfriesischen Inseln Föhr und Sylt am Übergang zwischen Marsch und Geest gelegenen frühmittelalterlichen Burgen eine wichtige Funktion in der Organisation des Handels zukam. In ihrem Umfeld befanden sich großflächige Siedlungen, deren Bebauung in hohem Maße durch Grubenhäuser geprägt war. Das dort im Rahmen des Projektes geborgene Fundgut zeigt, dass vielfältige handwerkliche Tätigkeiten durchgeführt wurden. Insbesondere der Weberei und der Eisenverarbeitung kommt dabei große Bedeutung zu. Darüber hinaus konnten dank der konsequent eingesetzten Schlämmtechnik zahlreiche Kleinfunde aus Metall, Bernstein und Glas geborgen werden, die nicht vor Ort hergestellt worden sind und somit als Indizien für die überregionalen Kontakte der jeweiligen Siedlungen gewertet werden können. Die im Nahbereich dieser Siedlungen verlaufenden, stark durch die Gezeiten geprägten Wasserläufe, konnten zumindest bei Flut als Transportwege genutzt werden; es ist deshalb anzunehmen, dass die Be- und Entladung der dazu eingesetzten flachbodigen Wasserfahrzeuge bei ablaufenden Wasser bzw. Ebbe erfolgte.
Publications
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