Molekulare Phylogeographie und Ökologie von kleinen Antarktischen Calanoida (Copepoda, Crustacea)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im trophischen marinen Nahrungsnetz der Polarregionen spielen kleine pelagische Copepoden (<1 mm) eine grosse Rolle als Bindeglied zwischen dem „Microbial Loop“ und höheren trophischen Ebenen. Tradionsgemäß ging man davon aus, dass diese kleinen Arten weit verbreitet sind, in beiden polaren Ozeanen leben oder sogar in allen Ozeanen vorkommen. Erst im letzten Jahrzehnt wurden innerhalb morphologisch einheitlichen Copepoden-Arten kryptsiche oder pseudokryptische genetische Gruppierungen entdeckt. Während die Morphospezies häufig eine weltweite Verbreitung aufweisen, können die genetischen Abstammungslinien einzigartige Biogeographien aufzeigen. Um diese Komplexität zu verstehen und daraus folgend die Ökosystemfunktionen, aber auch um Umweltveränderungen zu erkennen, sind detaillierte Kenntnisse von der Anzahl der Abstammungslinien und ihrer Biogeographien innerhalb der Morphospezies essentiell. Die Mechanismen, die Artbildung in planktischen Arten beeinflussen sind nicht gut untersucht, da die ökologischen und geographischen Barrieren im Meer nicht offensichtlich sind und die Ausbreitungsmöglichkeiten planktischer Arten immens sind. Potentielle Barrieren sind Landmassen, Kontinente, Meereswirbel, Frontsysteme, Temperatur- und Salinitätsbereich, aber auch ökologischen Faktoren. Die phylogenetischen Beziehungen von Arten und Abstammungslinien in weltweit verbreiteten Genera können wichtige Informationen zu ihrer Entstehungsgeschichte und Artbildungsprozessen liefern. Für die vorliegende Studie wurden drei häufige polare Arten(-gruppen) mit weltweiter Verbreitung, aber mit unterschiedlicher vertikaler Verteilung ausgewählt (Oithona similis s.l. (epipelagisch), Microcalanus spp. (meso-/bathypelagisch), Spinocalanus abyssalis/longicornis (bathypelagisch). Zusätzlich wurden zwei abundante Arten ausgewählt, die nur in der Antarktis oder in den sie umgebenden Meeren vorkommen: Ctenocalanus citer (epipelagisch), Stephos longipes (kryopelagisch). Untersuchungen zur Artabgrenzung und Phylogeographie wurden durchgeführt. Dazu wurde hauptsächlich das mitochondriale Markergen für „Cytochrome c oxidase subunit I“ genutzt. Proben aus beiden polaren Regionen und aus den verbindenden temperierten und tropischen Bereichen des Ozeans. Die DNA-Extraktion wurde so modifiziert, dass die Exoskelette der Individuen zurückgehalten werden konnten. So konnten wir komplementäre morphologischen und genetische Untersuchungen am gleichen Tier machen. Die Ergebnisse zeigen, dass in epi- und mesopelagischen Arten die Anzahl von polaren endemischen (kryptischen oder pseudokryptischen) vorkommt, während meso- und bathypelagische Arten häufiger weit verbreitet sind. Die Ausbreitungsmöglichkeiten von epipelagischen Arten scheinen stärker durch das Antarktische Frontsystem oder durch eine niedrigere Toleranz von wärmeren Wassertemperaturen eingeschränkt zu sein. Meso- und bathypelagischen Arten hingegen können mit dem Antarktischen Tiefenwasser über weite Strecken transportiert werden und den Genfluß aufrechterhalten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2015) First report of the planktonic copepod Oithona davisae in the northern Wadden Sea (North Sea): Evidence for recent invasion? Helgoland Marine Research 69(2): 243
Cornils A, Wend-Heckmann B
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10152-015-0426-7) - (2015) Non-destructive DNA extraction for small pelagic copepods to perform integrative taxonomy. Journal of Plankton Research 37: 6-10
Cornils A
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/plankt/fbu105) - (2017) Global phylogeography of Oithona similis s.l. (Crustacea, Copepoda, Oithonidae) – A cosmopolitan plankton species or a complex of cryptic lineages? Molecular Phylogenetics and Evolution 107: 473-485
Cornils A, Wend-Heckmann B, Held C
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ympev.2016.12.019) - (2017) Neue Methoden der Artbestimmung. In: Hempel G, Bischof K, Hagen W (eds) Faszination Meeresforschung. Springer, Berlin, Heidelberg
Held C, Cornils A
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-662-49714-2_45) - (2017) Sampling information, length measurements, DNA alignments, models and phylogenetic trees for Oithona similis s.l. PANGAEA
Cornils A, Wend-Heckmann B, Held C
(Siehe online unter https://doi.org/10.1594/PANGAEA.862554) - (2017) Unravelling diversity of deep-sea copepods using integrated morphological and molecular techniques. Journal of Plankton Research 39: 600–617
Bode M, Laakmann S, Kaiser P, Hagen W, Auel H, Cornils A
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/plankt/fbx031)