Die Autorität der ersten Person
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Arbeitsvorhaben im Förderzeitraum konzentrierte sich auf die metaphilosophische Frage, welches genuin philosophische Problem introspektiv erworbene Überzeugungen über eigene gegenwärtige geistige Zustände aufwerfen. Meine im Fortsetzungsantrag formulierte Arbeitshypothese lautete, daß das betreffende Problem als Konflikt zwischen zwei gleichermaßen plausiblen Intuitionen rekonstruiert werden kann: (A) Wenn eine bestimmte Person S weiß, daß p, dann ist es nicht nur möglich, daß eine beliebige andere Person T ebenfalls weiß, daß p, sondern auch, daß T dies mit demselben Grad an Rechtfertigung weiß wie S. (B) Wenn eine bestimmte Person S per Introspektion weiß, daß sie sich gegenwärtig im mentalen Zustand M befindet, dann ist es zwar möglich, daß eine beliebige andere Person T ebenfalls weiß, daß sich S gegenwärtig im mentalen Zustand M befindet – aber es ist unmöglich, daß T dies mit demselben Grad an Rechtfertigung weiß wie S. Im Zuge der Bemühungen, diesen Konflikt zu spezifizieren, trat eine Schwierigkeit auf: Der von mir diagnostizierte Konflikt zwischen (A) und (B) ist de facto nicht dafür verantwortlich gewesen, daß Selbstüberzeugungen in den Fokus der Philosophie geraten sind. Ursprünglich waren dafür andere Motive verantwortlich – so z.B. der Umstand, daß sich unter Berufung auf Selbstüberzeugungen ein Argument für den Dualismus formulieren läßt, oder der Umstand, daß Selbstüberzeugungen für die Rolle basaler Überzeugungen im Sinne des erkenntnistheoretischen Fundamentalismus prädestiniert sind. Es scheint zu folgen, daß sich die meisten Philosophen bezüglich der philosophischen Brisanz von Selbstüberzeugungen im Irrtum befinden – daß sie Selbstüberzeugungen aus Gründen für problematisch halten, die eine philosophische Beschäftigung mit ihnen gar nicht rechtfertigt. Meine Arbeitshypothese kann insofern nur aufrecht erhalten werden, wenn ich in der Lage bin zu erklären, warum sich Philosophen bezüglich der philosophischen Brisanz von Selbstüberzeugungen in einem so massiven Irrtum befinden. Obwohl Schritte unternommen wurden, den in der Arbeitshypothese beschriebenen Konflikt zwischen (A) und (B) näher zu spezifizieren, konnte das Desiderat einer Erklärung des Irrtums, dem Philosophen hinsichtlich der Brisanz von Selbstüberzeugungen unterliegen, im Berichtszeitraum nicht erfüllt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- "Doubts about One’s Own Existence", Inquiry 57 (2014), 645–668
Wolfgang Barz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/0020174X.2014.967805) - "Infallibility, Acquaintance, and Phenomenal Concepts", Dialectica 70 (2016), 139–168
Wolfgang Barz
(Siehe online unter https://doi.org/10.1111/1746-8361.12135)