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Konsole für 700 MHz-NMR-Spektrometer

Fachliche Zuordnung Grundlagen der Biologie und Medizin
Förderung Förderung in 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 221022317
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kenntnis der dreidimensionalen Strukturen von biologischen Makromolekülen und ihren Komplexen ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Verständnis von Vorgängen in Lebewesen und ihren Zellen auf atomarer Ebene. Vor allem das Wissen über die Strukturen und Wechselwirkungen von Proteinen mit anderen Proteinen, Nukleinsäuren und kleinen Molekülen sowie den damit einhergehenden Änderungen von Struktur und Dynamik liefert neue biomedizinisch und biotechnologisch relevante Grundlagenerkenntnisse. Die magnetische Kernresonanz (nuclear magnetic resonance = NMR) Spektroskopie ist die einzige Methode, mit der sowohl Strukturen als auch Informationen über die Dynamik in biologischen Makromolekülen und deren Komplexen erhalten werden können. Das Nordbayerische NMR-Zentrum der Universität Bayreuth betreibt für diesen Zweck mehrere hochauflösend NMR-Spektrometer, die auch von Forschergruppen außerhalb der Universität Bayreuth genutzt werden. Hier wurden für ein 700 MHz NMR-System, in Betrieb genommen im Jahr 2004, eine neue Spektrometerkonsole für das bestehende Magnetsystem sowie neue Cryo-Komponenten für den Betrieb des 700 MHz Cryo-Probenkopfes beschafft. Mit der Erneuerung der Spektrometerkonsole, welche unter anderem die Ausführung neuester Pulssequenzen ermöglicht, konnte eine weitere Leistungssteigerung bewirkt und der Weiterbetrieb des NMR-Spektrometers ermöglicht werden. Durch den Austausch kritischer Komponenten für den Cryo-Probenkopf konnte dessen weiterer Einsatz sichergestellt werden, wodurch Messungen mit deutlich höherer Empfindlichkeit untersucht werden können. Thematisch wurden vorwiegend Projekte aus dem Bereich der biomedizinischen Grundlagenforschung auf dem Gerät durchgeführt. Bis zu 98% aller Patienten mit Pollenallergie sind gegen das Hauptallergen aus Birkenpollen, das zur Klasse der PR10 Proteine gehörende Bet v 1, sensibilisiert. Nun war es möglich neue Informationen über die physiologische Funktion dieser Allergene zu gewinnen. Mit dem glykosylierte Flavonoid Quercetin-3-O-Sophorosid konnte der natürliche Ligand für das Birkenpollenhauptallergen Bet v 1 gefunden werden. Weiter wurde gezeigt, dass unterschiedliche Bet v 1 Varianten sich in der Ligandenbindung unterscheiden. Diese Liganden spielen möglicherweise auch eine immunologische Rolle, indem sie bei der Sensibilisierung beteiligt sind oder die allergische Reaktion beeinflussen. Weiter wurde die 3D-Struktur für den homologen Vertreter aus der Haselnuss bestimmt und auch der entsprechende natürliche Ligand identifiziert. Ein weiteres Forschungsfeld widmet sich der Untersuchung von viralen Proteinen sowie Proteinen, die an der bakteriellen Transkription beteiligt sind. HIV ist der Verursacher von AIDS, das trotz Verfügbarkeit einzelner Medikamente bisher nicht heilbar ist. Mithilfe von NMR-Spektroskopie wurden neuartige, antivirale Substanzen untersucht, die gegen die virale RNase H, die bisher nicht als Zielprotein genutzt wird, gerichtet sind. Weiterentwickelte RNase H Inhibitoren könnten in Zukunft dazu beitragen, auch multiresistente Viren zu hemmen. Die Untersuchung der bakteriellen Transkription findet unter anderem vor dem Hintergrund statt, dass das Arsenal der zur Verfügung stehenden Antibiotika immer geringer wird. Abhilfe schaffen könnte die Entwicklung neuer Wirkstoffen, die gezielt zentrale Prozesse in Bakterien unterbrechen, wie z.B. die Transkription. Dieser komplexe Prozess wird vom riesigen Enzym RNA-Polymerase (RNAP) katalysiert und wird durch zahlreiche Proteine, die sogenannten Transkriptionsfaktoren, präzise gesteuert. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie wurden die molekularen Grundlagen der Regulation der RNAP untersucht und die Wechselwirkung der RNAP mit verschiedenen Transkriptionsfaktoren untersucht sowie die Folgen dieser Wechselwirkungen analysiert. Die NMR-Spektroskopie ist ein besonders effizientes Werkzeug zur Bestimmung von Bindungsstellen von potentiellen kleinen organischen Wirkstoffmolekülen mit ihren Zielproteinen. In einem Projekt einer Nachwuchsgruppe des Rudolf-Virchow-Zentrums in Würzburg wird der Prozess der Ubiquitinierung, insbesondere die Prinzipien der Katalyse und Regulation des Klasse der Ubiquitin-konjugierenden Enzyme (E2) und der Ubiquitin-Ligasen (E3) sollen mit Hilfe der NMR- Spektroskopie untersucht. Das beantragte Gerät wurde auch zur Untersuchung von selbstaggregierenden Systemen eingesetzt. Zu den aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften nicht nur technisch, sondern wegen ihrer guten Verträglichkeit auch medizinisch besonders interessanten selbstassemblierenden Systemen gehören Spinnenseidenproteine, wie sie im SFB 840 untersucht werden. Die sogenannte „dragline“-Seide besteht dabei aus zwei Arten von Hauptampullat-Spindroinen (MaSp). Beim Spinnprozess entstehen aus gelösten Proteinen hochbelastbare Seidenfäden. Hierbei sind Konformationsänderungen in der aminoterminalen Domäne (NRN), von entscheidender Bedeutung: In einem schrittweisen Prozess bilden zwei NRN-Domänen ein Dimer, was zu einer Vororientierung der restlichen Teile des Seidenproteins führt und wesentlich für die Ausbildung einer stabilen Faser ist. Dies konnte durch NMR-Analysen von entsprechenden Varianten von MaSp1 der Schwarzen Witwe nachgewiesen werden. Schließlich findet die hochauflösende NMR-Spektroskopie Eingang in neue Wissensbereiche: Hochauflösende NMR-Spektroskopie wird im Projekt AgrOr zur Identifizierung von Markersubstanzen in Inhaltsstoffprofilen von Lebensmitteln eingesetzt. Damit soll die Herkunft von Lebensmitteln (geographische und botanische Herkunft, Produktionsmethode etc.) geprüft werden können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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