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Regimeswitching in zeitstetigen Finanzmarktmodellen: Statistik und problemspezifische Modellwahl

Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 221244388
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das klassische Modell in der zeitstetigen Finanzmathematik ist das Black-Scholes-Modell, in dem die Aktienkursrenditen einer Brownschen Bewegung mit konstanten Parametern folgen. Für die Preistheorie ist die Annahme konstanter Volatilität und für die Risikobewertung und Portfoliooptimierung auch die Annahme konstanter Drift aber oft eine zu starke Vereinfachung. Eine Erweiterung bilden Markov-Switching Modelle (MSM), bei denen Drift und Volatilität endlich viele verschiedene Werte annehmen können. Der Wechsel zwischen den Parametern wird durch eine Markovkette gesteuert (Regimewechsel). Analoga zum MSM bilden in diskreter Zeit eine wichtige Modellklasse und werden seit längerem zur Modellierung von Zeitreihendaten aus Wirtschafts-, Ingenieur-, Umwelt- und Biowissenschaften eingesetzt. Ziel des Projekts war die Erweiterung der Modellklasse der MSMs im Hinblick auf Anwendungen in der Finanzwirtschaft, die Entwicklung der für das Verständnis der resultierenden stochastischen Prozesse nötigen mathematischen Theorie, sowie die Entwicklung statistischer Verfahren zur Parameteridentifikation, Modellwahl und Inferenz, sowie die explizite Lösung finanzmathematische Probleme in diesen Modellen. In Finanzanwendungen, z.B. bei der Optimierung oder Risikoquantifizierung von Portfolios, sind die Daten oft hochdimensional. Im Projekt wurde ein neuer Ansatz entwickelt, der für hohe Dimensionen das stabile Schätzen der Parameter eines MSMs in diskreter Zeit ermöglicht. Der Schätzer beruht auf einem Shrinkage-Ansatz, wird aber auch über einen für Statistiker nahe liegenderen Penalized Maximum-Likelihood-Ansatz motiviert, bei dem das Gewicht des Strafterms datenadaptiv gewählt wird. Der Ansatz wurde außerdem auch erfolgreich auf hochdimensionale MSMs in stetiger Zeit übertragen. Ein populärer Ansatz zur nichtparametrischen Schätzung sind Siebschätzer, z.B. solche, die auf Approximation durch neuronale Netze beruhen. Diese approximierenden Modelle sind in aller Regel missspezifiziert. Es wurde eine uniforme Asymptotik für solche Schätzer entwickelt und beispielhaft auf Changepointanalyse in Zeitreihen angewandt. Dies liefert auch die Grundlage für entsprechende Ergebnisse im verwandten Umfeld der MSMs. Bereits im einfachen MSM reagieren Optimierungsresultate extrem sensitiv auf Schätzfehler. Daher wurde eine robuste Version des für die Parameterschatzung benötigten EM-Algorithmus entwickelt, basierend auf Verfahren des modellbasierten Clusterns bei der Initialisierung, robust-optimalen Filterns im E-Schritt und Verwendung geeigneter robuster Schätzer im M-Schritt. Andererseits hat dies die Berücksichtigung von Expertenmeinungen motiviert, für die in einem Modell mit linearer Gaußscher Drift Filtergleichungen entwickelt und optimale Strategien als Funktion der bedingten Varianz des Filters bestimmt wurden. Es wurden Konvergenzresultate bewiesen, die explizite Schranken für letztere liefern. In stetiger Zeit wurde ein filterabhängiges Volatilitätsmodell mit minimalen Abständen zum MSM entworfen, das gute ökonometrische Eigenschaften aufweist, aber in dem Berechnungen noch gut möglich sind. Mittels Modellreduktion wurde ein Mutual Fund Theorem gezeigt, das Strukturaussagen uber das optimale Portfolio zulässt. Zusammenfassend wurden in dem Projekt klassische Filteralgorithmen auf vielfältige Weise erweitert bzw. für komplexere Modelle erst entwickelt, die Asymptotik wurde untersucht und in vielen dieser Modelle optimale Portfoliostrategien explizit bestimmt. Die Performance optimaler Portfolios kann als weiteres Gütemaß fiur Filter und Modell herangezogen werden. Stabile Filter- und Schätzverfahren machen die praktische Anwendung der Modelle überhaupt erst möglich und stellen somit einen wesentlichen Beitrag des Projektes dar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Stable Estimates for High-dimensional Hidden Markov Models. Oberwolfach Reports, 48, 2760-2762
    M. Fiecas, J. Franke, R. von Sachs and J. Tadjuidje Kamgaing
  • (2014). Expert opinions and logarithmic utility maximization in a market wuth Gaussian drift. Communications on Stochastic Analysis. 8, 27-47
    A. Gabih, H. Kondakji, J. Sass, R. Wunderlich
    (Siehe online unter https://doi.org/10.31390/cosa.8.1.03)
  • (2014): A uniform central limit theorem for neural network-based autoregressive processes with applications to change-point analysis. Statistics 48, 1187–1201
    C. Kirch and J. Tadjuidje Kamgaing
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/02331888.2013.872646)
  • (2014): Robustification of an on-line EM algorithm for modelling asset prices within an HMM. In: R. Mamon und R.J. Elliott (Hrsg.): HMM in Finance. Vol 2: Further Developments and Applications, Springer. Chapter 1, 1–31
    C. Erlwein, P. Ruckdeschel
  • (2015): Detection of change points in discrete valued time series. In: R.A. Davis, S.A. Holan, R.B. Lund, N. Ravishankar (Hrsg.): Handbook of Discrete Valued Time series
    C. Kirch and J. Tadjuidje Kamgaing
  • (2015): Nonparametric estimates for conditional quantiles of time series. AStA Advances in Statistical Analysis 99, 107–130
    J. Franke, P. Mwita and W. Wang
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10182-014-0234-4)
 
 

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