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Empirische und theoretische Untersuchung der Komplementweglassung im Deutschen im Rahmen einer Gegenüberstellung valenzbasierter und konstruktionsbasierter Ansätze

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2012 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 221901170
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zentrale Frage war, welche grammatischen Mechanismen die Weglassung von Komplementen, also von direkten oder indirekten Objekten, steuern. Bekannt und gut erforscht ist, dass die Möglichkeit einer Komplementweglassung (KW) von der Wahl des Verbs abhängen kann. So kann "ein Bild" in "Sie malte ein Bild" wegfallen, kaum aber in "Sie zeigte mir ein Bild". Bisher kaum systematisch untersucht ist dagegen, dass KW-Möglichkeiten auch vom Satztyp abhängen können. So kann das direkte Objekt von "zeigen" in Aussagesätzen nicht wegfallen (s.o.), wohl aber in Imperativsätzen wie "Zeig mal!". Das war der Ansatzpunkt des Projekts: Wir untersuchten, a) wie sich der Satztyp zusätzlich oder alternativ zur Wahl des Verbs auf die KW in Sätzen des Standarddeutschen auswirkt und b) wie sich einschlägige Befunde theoretisch modellieren lassen (dies allerdings nur ausblicksweise). a): Wir verglichen Aussagesätze ("Er machte das Licht aus"), Imperativsätze ("Mach das Licht aus!"), auffordernde Infinitivsätze ("Licht ausmachen!") und Koordinationen von Imperativ- und Aussagesätzen ("Mach das Licht aus, oder es passiert etwas!"). Mittels Fragebogenuntersuchungen überprüften wir, ob diese Satztypen zusätzlich oder alternativ zur Verbwahl die KW-Möglichkeiten beeinflussen. Die Probanden, 1372 Studierende der Universität Wuppertal, sollten entscheiden, ob KW in Sätzen der verschiedenen Typen in einem pragmatisch plausiblen Kontext sprachlich akzeptabel ist. Die 828 Testitems waren so angelegt, dass gleiche Verben in verschiedenen Satztypen und gleiche Satztypen mit verschiedenen Verben geprüft werden konnten. Außerdem testeten wir für viele Items auch die Akzeptabilität der Realisierung des Komplement (KR) im gleichen Kontext. Die statistische Auswertung der Ergebnisse ergab, dass sich die untersuchten Satztypen erheblich darin unterscheiden, ob sie Einfluss auf KW nehmen. Sehr klar zeigte sich ein Einfluss bei auffordernden Infinitiven: Hier ist die Weglassung des Objekts unabhängig von der Verbwahl möglich, ja scheint sogar akzeptabler zu sein als KR. Dagegen hängen die KW-Möglichkeiten in Aussagesätzen in erster Linie von der Verbwahl ab. Eine Zwischenposition nehmen Imperativsätze ein: Für sie wiesen wir sowohl Einflüsse der Verbwahl als auch des Satztyps nach. Ähnliches fanden wir in Imperativ-Aussagesatz-Koordinationen, außer sie werden als Bedingungssatz verstanden ("Mach das Licht aus, und du bekommst einen elektrischen Schlag"). Für diesen Satztyp unterscheiden sich die KW-Befunde von denen aller anderen Satztypen. b) Diese empirischen Resultate gehen weit über die sporadischen Beobachtungen zu Satztypeinflüssen in der bisherigen KW-Forschung hinaus. Sie sind auch eine Herausforderung für die gängige theoretische Modellierung der KW als ein Aspekt der Valenz, also des spezifischen syntaktischen Potentials des jeweiligen Verbs. Da Valenz nach üblichen Annahmen über die Satztypen hinweg konstant bleibt, lässt sie Satztypeinflüsse auf die KW nicht erwarten. Dieses Problem entsteht nicht, wenn die Möglichkeit einer KW an Konstruktionen festgemacht wird, also an schematischen Baumustern für die verschiedenen Satztypen. Das bietet sich nach unseren Ergebnissen für die auffordernden Infinitive an, während für Aussagesätze eine valenzbasierte Analyse geeigneter erscheint, um den starken Einfluss der Verbwahl zu erfassen. Die in Imperativsätzen beobachtete Abhängigkeit der KW sowohl von der Verbwahl als auch vom Satztyp könnte durch hinsichtlich des Verbs spezifizierte Satztypkonstruktionen erfasst werden. Diese Überlegungen zu einer differenzierten theoretischen Modellierung der KW widersprechen einseitigen Positionen in der Debatte darüber, ob grammatische Zusammenhänge projektionistisch, also von einzelnen Wörtern ausgehend, oder konstruktionistisch, also über holistische Baumuster für komplexe Ausdrücke, zu analysieren sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Argument omission between valency and construction. Evidence for sentence type effects from acceptability rating studies. In: G. Jäger (Hg.): Proceedings of the 6th Conference on Quantitative Investigations in Theoretical Linguistics. Universität Tübingen
    Külpmann, R., Symanczyk Joppe, V.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.15496/publikation-8638)
  • Satztypkonstruktionen und Satztypsensitivät. In: R. Finkbeiner / J. Meibauer (Hrsg.): Satztypen und Konstruktionen. Berlin: de Gruyter. 2015, pp. 23 – 71.
    Jacobs, J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110423112-003)
  • Argument omission in imperative-declarative conjunctions. In: I. Reich / A. Speyer (Hgg.) : Co- und subordination in German and other languages. Linguistische Berichte, Sonderheft, 21. 2016, pp. 221-234.
    Külpmann, R., Symanczyk Joppe, V.
 
 

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