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Die Ökophysiologie von migrierenden Fledermäusen der gemäßigten Breiten

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 221923692
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wir untersuchten die Ökologie und Energetik der Migration von Fledermäusen in den gemäßigten Breiten am Beispiel der Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii). Wir bestimmten das Stabilisotopenverhältnis in Geweben mit unterschiedlicher Retentionszeit, um die relative Bedeutung aquatischer Habitat für migrierende Fledermäuse (Nyctalus noctula und P. nathusii) und nicht-migrierende Fledermäuse (, Pipistrellus pipistellus) im Spätsommer und Herbst zu bestimmen. Hierzu sammelten wir Probenmaterial von Fledermauskadavern, die unter Windkraftanlagen gefunden wurden. Die Stabilisotopenverhältnisse zeigten an, dass die Rauhautfledermaus während der Herbstmigration hauptsächlich in aquatischen Habitaten jagte, während hingegen sowohl der Große Abendsegler als auch die Zwergfledermaus eher in terrestrischen Habitaten jagten. Um die spezifischen Landschaftselemente zu ermitteln, welche für die Frühlingsmigration von Rauhautfledermäusen wichtig sind, zeichneten wir die Rufaktivität von Fledermäusen in unserem brandenburgischen Untersuchungsgebiet auf. Insgesamt konnten wir mehr als 40.000 Dateien mit akustischen Daten sammeln. In der Vergangenheit war die Biologische Station Pape in Lettland eine der wichtigsten Orte für die Beringung migrierender Fledermäuse. Allerdings liegt dieser Ort an einem Migrationskorridor entlang der Ostseeküste, so dass wir über den Sommerlebensraum der dort beringten Tiere keine Kenntnisse besitzen. Unsere Herkunftsmodelle basierend auf stabilen Wasserstoffisotopen ergaben, dass ca. 30 Prozent der Tiere vermutlich aus südöstlichen Regionen, wie zum Beispiel der nördlichen Ukraine, stammten. Sofern dieser Befund durch einen unabhängigen Datensatz, auf den wir momentan warten, bestätigt wird, würde dies unser bisheriges Wissen über das Migrationsverhalten von Rauhautfledermäusen stark erweitern und neues Licht auf die Konnektivität von Sommer- und Winterlebensräumen sowie auf die zurückgelegten Strecken (ungefähr 5.000 km) werfen. Um zu verstehen, wie Fledermäuse die energetischen Kosten der Herbstmigration balancieren, untersuchten wir das Thermoregulationsverhalten von P. nathusii während der Herbstmigration. Wir stellten uns die Frage, ob das Zusammenspiel zwischen Migrations- und Paarungszeit verhindert, dass Männchen in Energie sparen, in dem sie in einen Torporzustand gehen. Basierend auf unseren Telemetrie-Untersuchungen konnten wir feststellen, dass Männchen tatsächlich seltener, dafür aber in einen tieferen Torpor als Weibchen fallen. Zusammenfassend lässt sich deshalb festhalten, dass vermutlich beide Geschlechter im ähnlichen Umfang während der Zugzeit Energie durch Torporverhalten sparen können. In einem weiteren Teilprojekt untersuchten wir die metabolischen Kosten des Fliegens bei Rauhautfledermäusen in einem Windkanal. Wir konnten feststellen, dass niedrige und hohe Windgeschwindigkeiten mit relativ hohen metabolischen Kosten einhergingen. Bei mittleren Windgeschwindigkeiten zeigten die Versuchstiere die niedrigsten metabolischen Kosten. Dieser Befund deckt sich mit theoretischen Erwartungen aus der Aerodynamik. Basierend auf unseren Messungen konnten wir die Fluggeschwindigkeit für Rauhautfledermäuse ermitteln, bei der sie eine maximal Strecke bei minimalem Energieaufwand zurücklegen (engl. „maximum range speed“). Mit Hilfe akustischer Flugbahnverfolgung bestätigten wir, dass wandernde Rauhautfledermäuse mit dieser Geschwindigkeit entlang der Ostseeküste während der Herbstmigration wandern. Im Rahmen einer Pilotstudie untersuchten wir, ob Rauhautfledermäuse polarisiertes Licht zur Kalibration ihres Magnetkompasses nutzten. Im Gegensatz zu einer früheren Studie an einer nicht-migrierenden Fledermausart spielte das Polarisationsmuster des Lichts am Horizont für die Orientierung von Rauhautfledermäusen zur Zugzeit keine Rolle. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wir nahezu alle im Projektantrag skizzierten Experimente und Messungen mit Erfolg durchgeführt haben. Die bisher erzielten Ergebnisse ergeben neue und zum Teil unerwartete Einblicke in die Ökophysiologie migrierender Fledermäuse. Voigt, C.C.: Nachtflug nach Nizza. DFG Journal, 2016, Nr. 3

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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