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Polyzentralität deutscher Stadtregionen - Entwicklung und Erprobung eines fernerkundungsgestützten Verfahrens zur Messung der morphologischen Polyzentralität

Fachliche Zuordnung Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 222083604
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das zentrale Ziel dieses Forschungsvorhabens bestand darin, die tertiäre Polyzentralität ausgewählter deutscher Stadtregionen in ihrer morphologischen Dimension zu untersuchen. Es wurde gefragt, in welchem Maße suburbane Zentren neben die historisch überkommenen Zentren – die Kern- und Innenstädte – getreten sind und welche Eigenschaften diese in morphologischer, aber auch funktionaler und standörtlicher Hinsicht aufweisen. Als suburbane Zentren werden dabei räumliche Cluster der höherwertigen Dienstleistungsbeschäftigung an dezentralen Standorten verstanden. Das Vorhaben basiert auf der Feststellung, dass zu den räumlichen Verteilungsmustern der Beschäftigung und zu Fragen polyzentraler Siedlungsstrukturen im deutschsprachigen Forschungsraum bislang wenige Forschungsarbeiten existieren. Zwar herrscht Einigkeit dahingehend, dass auch höherwertige Dienstleistungsarbeitsplätze seit den 1980er Jahren in nicht unerheblichem Maße von Suburbanisierungstendenzen erfasst wurden. Wie sich dies im Umland der Kernstädte standörtlich ausgeprägt hat und in welchem Maße von einem polyzentrischen Verteilungsmuster tertiärer Beschäftigung ausgegangen werden kann, ist aber noch wenig erforscht. Um das übergeordnete Forschungsziel zu erreichen, wurde ein neuartiges methodisches Instrumentarium zur Abbildung von Siedlungsstrukturen unterhalb der Gemeindeebene entwickelt. Mit diesem auf kleinräumigen Daten der Arbeitsmarktstatistik sowie der Fernerkundung basierenden Konzept gelang es, einen neuen Blick auf die räumlichen Verteilungsmuster ökonomischer Aktivitäten in Großstadtregionen und ihre baulich-physischen Ausprägungen zu werfen. Erstmals wurden für große Gebietskulissen räumliche Verteilungsmuster der Beschäftigung disaggregiert untersucht und mit dreidimensionalen Modellen der baulichen Physis gekoppelt. Für die empirische Auseinandersetzung mit Fragen der Polyzentralität ergeben sich damit ganz neue analytische Möglichkeiten, denn bisherige Forschungsarbeiten haben meistens nur eine Dimension der Polyzentralität (wie die Beschäftigung, die Bevölkerung oder Gebäudestrukturen und Flächennutzungen) adressiert. Der entwickelte methodische Ansatz wurde in den Regionen Frankfurt (Rhein-Main), Köln-Bonn, München und Stuttgart erprobt. Mit den durchgeführten Analysen konnte gezeigt werden, dass die räumliche Verteilung höherwertiger Dienstleistungsberufe in allen Regionen durch ein hohes Maß an Konzentration zugunsten der Kern- und Innenstädte geprägt ist. Dezentrale Standortcluster tertiärer Beschäftigung lassen sich durchaus antreffen und dies geht häufig auch mit baulichen Verdichtungen einher. Sogenannte „Edge Cities“, worunter hier großflächige Agglomerationen von Büro- und Einzelhandelsnutzungen an verkehrsgünstig gelegenen suburbanen Standorten verstanden werden, existieren jedoch in Deutschland nicht. Der suburbane Dienstleistungsarbeitsmarkt ist folglich nicht durch signifikante Zentrenbildungen sondern eher durch eine disperse, fragmentierte, nutzungsgemischte Struktur gekennzeichnet. Dies steht in gewissem Widerspruch zu theoretischen Erwartungen bezüglich räumlich wirkender Agglomerationsvorteile, die ein höheres Maß an standörtlicher Verdichtung höher qualifizierter Beschäftigung erwarten lassen. Denkbare Erklärungen sind, dass einerseits die räumliche Ebene der Gitterzellen zu kleinteilig ist, um auf dieser wirksame Agglomerationsvorteile identifizieren zu können. Andererseits weist die räumliche Konzentration der höher qualifizierten Beschäftigung auf die Kern- und Innenstädte sowie deren Randlagen möglicherweise auf regional eng begrenzte Agglomerationsvorteile im Sinne einer „borrowed size“ beziehungsweise -nachteile im Sinne eines agglomeration shadows hin. In anderen Worten, Agglomerationsvorteile äußern sich auf (sub-) regionaler Ebene durch die Nähe von (suburbanen) Beschäftigungszentren zu den Kern- und Innenstädten, nicht jedoch in Form einer ausgeprägten Clusterbildung an dezentralen Standorten. Diese Befunde stehen allerdings auch unter einem gewissen methodischen Vorbehalt, der aus der analytischen Unschärfe von Konzepten wie „Polyzentralität“ und „Subzentren“ resultiert. In der Literatur finden sich verschiedene methodische Zugänge, die jeweils zu spezifischen, teilweise widersprüchlichen Ergebnissen führen. Im Einklang mit internationalen Forschungsarbeiten hat dieses Projekt unterstrichen, dass Polyzentralität als raumstrukturelle Manifestation nicht trennscharf von (theoretischen) Zuständen vollkommener Monozentralität und Dispersion anzutreffen ist, sondern nur als Kontinuum verstanden werden kann. Dies kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die Charakterisierung von Gebieten als „Zentren“ oder „Subzentren“ stets nur eine relative Aussage beinhalten kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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