Biaxialprüfmaschine zur mechanischen Charakterisierung von Leichtbaukomponenten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Beim Biaxialprüfstand können über vier Achsen voneinander unabhängige Kräfte auf Kreuzproben aufgebracht werden. Gegenüber einachsigen Zugversuchen kann in biaxialen Zugversuchen das Materialverhalten unter verschiedenen Spannungszuständen charakterisiert werden. Durch eine Variation der Spannungsverhältnisse während des Versuchsablaufs kann das Materialverhalten unter verschiedenen mehrachsigen Belastungen untersucht werden. Die dabei auftretenden Kopplungen sind insbesondere bei einem irreversiblen Materialverhalten, wie beispielsweise Plastizität und Schädigung, von Relevanz und müssen bei der Formulierung und Identifikation von Materialmodellen berücksichtigt werden. Im Bereich der faserverstärkten Verbundwerkstoffe im Rahmen der Untersuchungen im internationalen Graduiertenkolleg 2078 „Integrierte Entwicklung kontinuierlich-diskontinuierlich langfaserverstärkter Polymerstrukturen“ lag der Fokus der experimentellen Untersuchungen insbesondere bei den diskontinuierlich faserverstärkten Thermoplasten (LFT) und Duromeren (SMC). Aufgrund der inhomogenen Spannungs- und Dehnungsfelder ist eine präzise Bestimmung der Materialparameter nur mittels einer inversen Parameteridentifikation möglich. Hierfür werden die Biaxialversuche mit der Finiten Elemente Methode simuliert und die simulierten Dehnungsfelder mit den im Versuchsstand gemessenen Felddaten verglichen. Die Materialparameter in der Simulation werden im Rahmen von Optimierungsverfahren so modifiziert, dass die Differenz der gemessenen und berechneten Dehnungen im Rahmen vorgegebener Toleranzen minimal ist. Durch die unterschiedlichen Lastfälle konnten für verschiedene LFT und SMC Proben alle ebenen richtungsabhängigen und ortsabhängigen Elastizitätskonstanten bestimmt werden. Die so bestimmten elastischen Materialeigenschaften zeigten eine gute Übereinstimmung mit Abschätzung lokaler elastischer Eigenschaften basierend auf mikro-tomographischen Datensätzen und Homogenisierungsmethoden. Im Bereich der Schädigungs- und Versagenscharakterisierung von SMC- und LFT-Werkstoffen stellt das Design einer geeigneten Probenform zur Bestimmung des mehrachsigen inelastischen Materialverhaltens eine wichtige Herausforderung dar. Die für metallische Werkstoffe vorgeschlagene Norm lässt sich nicht sinnvoll auf spröde Duromerwerkstoffe übertragen, da die hohen Spannungen in den Probenarmen Versagen initiieren, bevor im Bereich der mehrachsigen Spannungszustände Schädigung auftritt. Im Rahmen der laufenden Forschungsarbeiten wurden parametrische Geometrieoptimierungen durchgeführt, um optimierte Designvorschläge abzuleiten. Diese zeigten in Experimenten ein deutlich verbessertes Verhalten der Proben. Das plastische Fließverhalten polykristalliner Werkstoffe weist im Falle kristallographischer oder morphologischer Texturen Anisotropien auf. Diese müssen bei der Auslegung von Formgebungsprozessen (z.B. von Blechen in der Umformtechnik) berücksichtigt werden, da anderenfalls die Maßhaltigkeit der Halbzeuge nicht eingehalten wird oder Versagen aufgrund von Verformungslokalisierung auftreten kann. Anisotropien des Fließverhaltens lassen sich nicht allein durch einachsige Zugversuche in unterschiedlichen Richtungen relativ zu Mikrostruktur charakterisieren, da durch solche Versuche nur sehr spezielle ebene Spannungszustände erfasst werden. Mittels Biaxialprüfung können dagegen ebene Spannungszustände systematisch und sowohl proportional als auch nichtproportional angesteuert werden. Dies ermöglicht für Blechwerkstoffe die Bestimmung von Anfangs- und Folgefließorten. Zusätzlich kann das isotrope und kinematische Verfestigungsverhalten untersucht werden. Im Rahmen der bisherigen Forschungsarbeiten im Graduiertenkolleg 1483 „Pozessketten in der Fertigung“ wurden Dualphasenstähle untersucht und deren plastische Anisotropie sowie deren Verfestigungsverhalten charakterisiert. Mittels Parameteroptimierung konnten Fließkriterien experimentell identifiziert und deren Prognosegüte bewertet werden. Durch die Kombination von Mittelpunktskontrolle und Verschiebungsfeldmessung steht für die Charakterisierung und Modellierung von Blechwerkstoffen ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Mean field homogenization of discontinuous fiber reinforced polymers and parameter identification of biaxial tensile tests through inverse modeling. Proceedings to 20th International Conference on Composite Materials (2015)
Schemmann, M., Brylka, B., Müller, V., Kehrer, M., Böhlke, T.
-
Microstructure based prediction and homogenization of the strain hardening behavior of dual-phase steel. Arch. Appl. Mech.
Rieger, F., Böhlke, T.
-
Parameter Identification by Inverse Modelling of Biaxial Tensile Tests for Discontinous Fiber Reinforced Polymers. Proc. Appl. Math. Mech., 15 (2015): 355–356
Schemmann, M., Brylka, B., Gajek, S., Böhlke, T.
-
Parametric shape optimization of biaxial tensile specimen. Proc. Appl. Math. Mech., 16 (2016): 159–160
Bauer, J., Priesnitz, K., Schemmann, M., Brylka, B., Böhlke, T.
-
Virtual testing of dual-phase steels: Effect of martensite morphology on plastic flow behavior, Materials Science & Engineering A 674 (2016) 672-686
Pagenkopf, J., Butz, A., Wenk, M., Helm, D.