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Informationsproblem und Wahrheitspflicht - Ein Aufklärungsmodell für den Zivilprozess

Fachliche Zuordnung Privatrecht
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 223142834
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das herkömmliche Aufklärungsmodell des deutschen Zivilprozesses lässt Verstöße der Parteien gegen die Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO unentdeckt. Dieses Defizit verleiht dem Gegner die Rechtsmacht, Informationsprobleme der risikobelasteten Partei erst auszulösen. So liegt es namentlich, wenn er wahrheitswidrig bestreitet und sodann den Umstand für sich wirken lässt, dass die risikobelastete Partei keinen Zugriff auf die Beweismittel hat, die sie zum Beweis der wahrheitswidrig bestrittenen Tatsache benötigt. Dieses Dilemma wird überwunden, wenn § 138 Abs. 1 ZPO die gebotene praktische Bedeutung erhält. In einem ersten Schritt sind deshalb sowohl die Behauptungen als auch das Bestreiten der Parteien zunächst als unglaubwürdig und damit subjektiv unwahr im Sinne des § 138 Abs. 1 ZPO zu unterstellen. Das gilt so lange bis so viele Realkennzeichen für die Wahrheit des Vorbringens vorliegen, dass an dieser Unterstellung nicht mehr festgehalten werden kann. Beweisbedürftig wird eine Tatsachenbehauptung danach erst dann, wenn sowohl die risikobelastete Partei für die Behauptung als auch der Gegner für sein Bestreiten ausreichende Realkennzeichen benannt haben, so dass das Prozessgericht an der Unterstellung subjektiv unwahren Vorbringens nicht weiter festhält. Effektiv ist dem rechtswidrig verursachten Informationsproblem jedoch erst dann begegnet, wenn das Prozessgericht subjektiv wahrheitswidrigen Parteivortrag auch auf der Beweisebene berücksichtigen kann. In einem zweiten Schritt hat deshalb der Gegner seine sämtlichen Beweismittel der risikobelasteten Partei zur Verfügung zu stellen. Eine etwaige Weigerung dient regelmäßig dem Zweck, den auf der Vortragsebene begangenen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht zu verschleiern. Gemäß § 138 Abs. 1 ZPO i.V.m. dem Gedanken der Beweisvereitelung sieht das Prozessgericht deshalb den Beweis der risikobelasteten Partei ebenso regelmäßig als geführt an.

 
 

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