Einbettung des "Offshoring": Zur Bedeutung der Qualität von Arbeitsverhältnissen in transnationalen IT-Unternehmen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „IT-Offshoring“, das von 2006 bis 2009 von der DFG gefördert wurde, widmete sich den Grenzen einer Homogenisierung von betrieblicher Arbeitskraftnutzung über Geschäftsmodelle und Weltregionen hinweg. Unter Leitung von Prof. Dr. Volker Wittke untersuchten Dr. Nicole Mayer-Ahuja und Patrick Feuerstein (M.A.) am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen deutsch-indische Arbeit in der Softwarebranche. Auf Basis von vier Betriebsfallstudien (bei einem deutschen Hersteller von Standardsoftware und dessen indischer Niederlassung sowie bei einem indischen Anbieter von Software-Dienstleistungen und dessen deutscher Niederlassung) wurde ein Bild von transnationaler Softwarearbeit gezeichnet, das gängigen Vorstellungen von „typischer“ Softwarearbeit widerspricht. Vor allem wurde gezeigt, dass in der Softwarebranche sehr unterschiedliche Formen von Arbeitskraftnutzung existieren. Diese Vielfalt ist zum einen in den Transnationalisierungswegen von Softwarefirmen begründet: Die Produktfirma setzt im Rahmen „verteilter Entwicklung“ auf möglichst einheitliche Aufgaben- und Verantwortungsverteilung zwischen Niederlassungen und Beschäftigten in verschiedenen Weltregionen, während die Servicefirma in Europa oder den USA möglichst wenige Kundenbetreuer, in Indien hingegen ein Heer von eher fachfremd qualifizierten Programmierer/innen beschäftigt. Firmenstrategien von Arbeitskraftnutzung unterscheiden sich demnach innerhalb des Softwaresektors – ob tatsächlich eine „Industrialisierung“ von IT-Arbeit stattfindet, wie teilweise argumentiert wird, hängt nicht zuletzt vom jeweiligen Geschäftsmodell ab, das durch den institutionellen Herkunftskontext eines Unternehmens (mit) geprägt ist. Zum anderen kann IT-Arbeit in verschiedenen Weltregionen selbst von Unternehmen, die dies wünschen, nicht umstandslos einheitlich gestaltet werden, weil die Produktion und Reproduktion von Arbeitskraft durch ortsgebundene Regulierungsszenarien beeinflusst wird, die sich in spezifischen Mustern von räumlicher Mobilität, von vertraglicher Mobilität, von Vergütung und Lebenshaltung, von zeitlichen Rhythmen des Arbeits-, Privat- und öffentlichen Lebens sowie von Qualifizierung niederschlagen. Es geraten damit für Indien, aber auch für Deutschland Einflussfaktoren auf betriebliche Arbeitskraftnutzung in den Blick, die in wissenschaftlichen Diskussionen über die IT- Branche zumeist kaum Beachtung finden. Der Fokus soziologischer Arbeitsforschung wird erweitert, neue Wege für die Analyse transnationaler Arbeit eröffnet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2006): IT-Arbeitsverhältnisse unter Bedingungen globaler Wirtschaftsintegration. Eindrücke von Veränderungen des indischen Gesellschafts- und Produktionsmodells, in: SOFI-Mitteilungen 34, 43-51
Mayer-Ahuja, Nicole
-
(2007): IT-Labour goes Offshore. Regulating and Managing attrition in Bangalore, SOFI Working Paper 2/2007
Mayer-Ahuja, Nicole; Feuerstein, Patrick
-
(2008): Betriebliche Sozialordnung im Zeichen transnationaler Arbeit: Überlegungen anhand der Softwareprogrammierung zwischen Deutschland und Indien, in: Becke, Guido und Senghaas-Knobloch, Eva (Hg.): Flexible Arbeitsformen aus der Perspektive sozialer Nachhaltigkeit, Münster u.a., 153-167
Mayer-Ahuja, Nicole
-
(2008): „Everywhere is becoming the same“? Labour utilisation, regulation and the tensions inherent in transnational IT-production, in: Work, Organisation, Labour, Globalisation Volume 2, No 2, Autumn 2008, 162-178
Mayer-Ahuja, Nicole; Feuerstein, Patrick
-
(2009): Programmieren zwischen Deutschland und Indien. Zur Qualität von Arbeitsverhältnissen in transnationalen IT- Unternehmen, in: Ahlers, Elke; Kraemer, Birgit; Ziegler, Astrid (Hg.): Beschäftigte in der Globalisierungsfalle? Baden-Baden (Nomos), 119-136
Mayer-Ahuja, Nicole; Feuerstein, Patrick