Autonomous Pictures? Persianate Drawings and Miniatures with Figural Motifs in the Diez Albums of the Staatsbibliothek zu Berlin
Final Report Abstract
Das Projekt fragte danach, inwiefern ein Teil der über 400 persischen Zeichnungen und Miniaturen aus dem 14. bis 16. Jahrhundert, die in den von Heinrich Friedrich von Diez (1751- 1817) erworbenen Bilderalben (Staatsbibliothek zu Berlin, Diez A fol. 70-73) gesammelt sind, als funktional selbständige (‚autonome‘) Kunstwerke bezeichnet und welche materiellen, stilistischen, thematischen und funktionalen Kriterien dafür aufgestellt werden können. Da ein großer Teil der Diez-Alben-Bilder ursprünglich aus den im Topkapı-Palast in Istanbul aufbewahrten persischen Alben stammt, wurden auch diese ausführlich untersucht. Eine Auswertung aller verfügbaren persischen Primärquellen zu Begriffen und Topoi im Vokabular persischer Buchkunst sowie eine naturwissenschaftliche Analyse durch die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) stützten die Untersuchung. Funktional selbständige Bilder, die also weder Teile von Handschriften noch Vorstudien für Dekorationen und Buchillustrationen oder Musterzeichnungen nach vorhandenen Werke waren, konnten ab dem 15. Jahrhundert nachgewiesen werden. Die umfassende Untersuchung der Diez- und Topkapı-Alben zeigte, dass es sich bei diesen Bildern fast ausschließlich um schwarze Ruß-Tusche-Zeichnungen mit fein modulierten Linien handelt, die im Unterschied zu Buchillustrationen auf wenige Figuren begrenzt sind und somit Bilderzählungen nur andeuten und dadurch als intervisuelle Referenzbilder fungieren. Ihre Vorläufer wurden vor allem in schwarzen Randzeichnungen in persischen Anthologien um 1400 mit verwandten Themen (wie etwa Kampf- und Jagdszenen) und auch in monochromen Wandmalereien ermittelt. Zudem konnte gezeigt werden, dass in der Safavidenzeit ab den 1540er Jahren die Bedeutung der Schwarztuschzeichnungen als geschätzte Sammelobjekte für Alben deutlich zunahm, als diese unter dem Begriff siyāh qalam („schwarze Feder/schwarzer Pinsel“) in zeitgenössischen kunsthistorischen Texten (z.B. Albumvorworten) sowie in Bildinschriften explizit als linienbasierter Ausdruck einer eigenen persischen Ästhetik benannt wurden. Gleichzeitig wurde diese ‚moderne‘ persische Ästhetik bewusst von der seit dem vierzehnten Jahrhundert an persischen Höfen rezipierten und adaptierten naturalistischeren chinesischen Bildsprache abgegrenzt und als dieser überlegen dargestellt. In den safavidischen Texten wurden zudem individuelle Maler und Künstlergenealogien aufgeführt, die offenbar das Bedürfnis verstärkten von einzelnen Künstlern ‚signierte‘ oder an diese zugeschriebene Werke zu besitzen. Daraus entwickelte sich ab dem späten 16. Jahrhundert das Interesse am Sammeln von selbständigen Albumbildern auch an den osmanischen und moghul-indischen Höfen. Während die persischen Alben bis ins 16. Jahrhundert jedoch noch vornehmlich als interreferentielle Bildwissen- Speicher zu fungieren scheinen, konzentrieren sich spätere osmanische und moghulische Alben vor allem auf die Präsentation von Kennerschaft und auf zeitgenössisches, dokumentarisch-repräsentatives Wissen.
Publications
- The Diez Albums: Contexts and Contents, Tagungsband, Brill: Leiden/Boston 2016
Friederike Weis, Julia Gonnella und Christoph Rauch (eds.)
(See online at https://doi.org/10.1163/9789004323483) - „A Persianate Drawing of the Tazza Farnese: a Work by Muhammad Khayyam?”, in: The Diez Albums: Contexts and Contents, hrsg. von Julia Gonnella, Friederike Weis, Christoph Rauch, Brill: Leiden/Boston 2016, S. 380-426
Friederike Weis
(See online at https://doi.org/10.1163/9789004323483_015) - “Autonome Bilder? Persische Zeichnungen mit figürlichen Motiven aus dem 15. Jahrhundert“, in: Die Entstehung selbständiger Zeichnungen in Deutschland und Italien im 15. und 16. Jh., hrsg. v. Daniela Bohde und Alessandro Nova, Imhof-Verlag: Petersberg 2018, S. 270-293
Friederike Weis
- Siyāh Qalam: Independent Black Ink Drawings in the Diez and Istanbul Albums, in: Beiträge zur islamischen Kunst und Archäologie, hrsg. von der Ernst-Herzfeld-Gesellschaft, Band 7, hrsg. v. Martin Gussone und Martina Müller-Wiener, Wiesbaden: Reichert, 202
Friederike Weis
(See online at https://doi.org/10.29091/9783954905478)