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Transformation der Abgeschiedenheit. Die dominikanische Predigt des 14. Jahrhunderts im Kontext urbaner Kultur

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 225637745
 
Das Projekt zur Transformation der Abgeschiedenheit in dominikanischer Literatur des 14. Jahrhunderts setzt an einem zentralen volkssprachigen Referenztext der spätmittelalterlichen Klosterkultur an. Während seiner Erfurter Zeit verfasste Meister Eckhart die Erfurter Reden, die als grundlegende Umdeutung der christlichen Klosterkultur gelten können. Er sei, so Eckhart, gefragt worden, ob der Rückzug aus der Welt und religiöse Abgeschiedenheit das Beste wäre. Seine Antwort ist deutlich. Wer Gott in Wahrheit besitze, der besitze ihn an allen Stätten, auf der Straße und bei allen Leuten genauso wie in der Kirche, der Einöde oder in der Zelle. Damit vollzieht Eckhart eine fundamentale Umdeutung des monastischen Konzepts der Abgeschiedenheit. Die christlichen Modelle von Heiligung waren seit der Spätantike an Heterotopien gebunden – an die Wüste, die Kirche, das Kloster. Die Transzendierung des Weltlichen korrespondierte mit der Semantisierung von Räumen und der Transgression ihrer Grenzen. Die Lehre Eckharts von der inneren Armut – das ist bewusst in Abgrenzung von theologischen und philosophischen Deutungen formuliert – schuf ein anthropologisches Modell religiöser Habitualisierung jenseits raumsemantischer Distinktivität, das zugleich im urbanen Kontext angesiedelt war. Der Orden der Predigerbrüder hatte sich von Anfang an dezidiert als Projekt des Urbanen verstanden; das Predigerkloster hatte seinen Ort in der Stadt. Eckhart zog in seinen Erfurter Reden daraus die Konsequenz, den Leitbegriff der Abgeschiedenheit selbst zu enträumlichen und damit das Prinzip der Heterotopie zu dekonstruieren: „Abgeschiedenheit“ ließ sich damit nicht nur mit der Existenz im städtischen Raum verbinden, sondern wurde selbst zum Leitmodell einer Kultur des Urbanen. Zentraler Gegenstand des Projektes, für das eine Doktorandenstelle beantragt wird, sind die deutschen Predigten Eckharts. Mit seinem Modell der Abgeschiedenheit verschafft Eckhart der Predigt eine neue Dimension. Denn diese Predigten bieten nicht nur gelehrtes Wissen, sondern beziehen dieses Wissen im Akt der Predigt auf den erwarteten Adressaten – sie entwerfen einen „impliziten Rezipienten“, an dem genau die Umkehr zum abgeschiedenen, nichtwissenden Menschen vorgeführt wird, von der die Predigten handeln. Methodisch stehen also eingehende Analysen des impliziten Rezipienten sowie dessen spezifischer Umdeutung im Mittelpunkt. Gegenüber der bisherigen Forschung wird insgesamt ein Paradigmenwechsel vollzogen, indem die Frage nach dem Publikum Eckharts epistemologisch umformuliert wird zur Frage nach dem literarisch konstruierten Wissenstypus des nichtwissenden Menschen. Ziel ist es, diese paradoxe Konstruktion der „Abgeschiedenheit in der Stadt“ als neues Modell urbaner religiöser Identität plausibel zu machen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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