Erwerb von sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Migrantenkindern und der Übergang nach der vierten Klasse
Final Report Abstract
Das Projekt „Erwerb von sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Migrantenkindern“ (ESKOM) hatte das Ziel, die Bildungsverläufe von Kindern mit türkischem Migrationshintergrund sowie Kindern ohne Migrationshintergrund ab der frühen Kindheit bis zum Übergang in die Sekundarstufe I zu analysieren. Im ESKOM-Projekt wurden ca. 1200 Kinder und ihre Familien (davon etwa die Hälfte mit türkischem Migrationshintergrund) ab dem Alter von drei Jahren bis zur vierten Klasse längsschnittlich begleitet, wobei in insgesamt sechs Erhebungswellen regelmäßige Elterninterviews sowie standardisierte Tests mit den Kindern in verschiedenen Kompetenzbereichen durchgeführt wurden. Zusätzlich wurden schriftliche Befragungen der Kindergärten und Grundschulen durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass im Alter von drei Jahren Kompetenzunterschiede zwischen türkischstämmigen Kindern und Kindern ohne Migrationshintergrund existieren, wobei diese in den Bereichen Kognition und Mathematik relativ gering ausfallen, während im Bereich der deutschen Sprachfähigkeiten eine große Differenz festgestellt wurde. Für die längsschnittliche Entwicklung dieser Disparitäten hat sich bereichsspezifisch ein unterschiedliches Muster gezeigt: Im Bereich Kognition und Mathematik gibt es einen sehr ähnlichen Verlauf der Kompetenzentwicklung für beide Gruppen; im Bereich Kognition sind nach der ersten Ergebungswelle auch keine Nachteile für türkischstämmige Kinder mehr feststellbar. Im Bereich der deutschen Sprachfähigkeiten ist über die Zeit ein Aufholeffekt festzustellen, während im Bereich des kulturellen Wissens die Unterschiede im Zeitverlauf zunehmen (Schereneffekt). Frühkindliche Fähigkeiten im sprachlichen Bereich weisen zudem langfristige (indirekte) Effekte auf die späteren schulischen Leistungen und den Übergang in ein Gymnasium auf. In der frühen Kindheit stellen die Familie sowie vorschulische Bildungseinrichtungen wichtige Lernumgebungen für die Kinder dar. Im ESKOM-Projekt wurde zum einen die Selektivität der Bereitstellung förderlicher Lernumwelten, zum anderen die (differenzielle) Wirkung dieser Lernumwelten untersucht. Es hat sich gezeigt, dass förderliche Eltern-Kind-Aktivitäten (wie z.B. Vorlesen) in der frühen Kindheit in Familien mit türkischem Migrationshintergrund seltener durchgeführt werden als in Familien ohne Migrationshintergrund, wobei sich neben dem sozioökonomischen Status der Eltern insbesondere auch deren kulturelles Kapital als erklärungskräftig für diese Differenz erwiesen hat. Solche anregenden Aktivitäten sind generell positiv mit der Entwicklung in allen Kompetenzbereichen assoziiert. Jedoch hat sich gezeigt, dass die Wirkung dieser Aktivitäten im Bereich der gesellschaftsspezifischen Kompetenzen (deutsche Sprache, kulturelles Wissen) abhängig vom kulturellen Inhalt der familiären Lernumwelt ist. Türkischstämmige Kinder beginnen den Kindergarten ein wenig später als Kinder ohne Migrationshintergrund und besuchen häufiger Einrichtungen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund - selbst bei Berücksichtigung der residentiellen Segregation. Dabei können gerade türkischstämmige Kinder mit einer nicht-deutschen Familiensprache besonders stark vom Besuch einer vorschulischen Bildungseinrichtung profitieren: Sowohl für die Dauer des Besuchs einer Kindertagesstätte vor dem dritten Lebensjahr als auch für die Intensität des Kindergartenbesuchs finden sich nur für diese Gruppe positive Zusammenhänge mit den deutschen Sprachfähigkeiten. Die positiven Effekte des Kindergartenbesuchs für diese Gruppe sind bei gut ausgestatteten Einrichtungen und Einrichtungen mit einem Migrantenanteil unter 40 Prozent am stärksten. Auch bei Grundschulen erweist sich die Ausstattungsqualität als relevantes Kontextmerkmal, das positiv mit den Leseleistungen der türkischstämmigen Kinder in der dritten Klasse assoziiert ist.
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