Messdatenbasiertes Entgraten von Querbohrungen mit Industrierobotern unter Berücksichtigung optimaler Bahnplanungsalgorithmen
Automatisierungstechnik, Mechatronik, Regelungssysteme, Intelligente Technische Systeme, Robotik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bisherige automatisierte Entgratlösungen greifen auf chemische, thermische oder mechanische Wirkprinzipien zurück. Für sicherheitskritische Anwendungen sind diese Prozesse zum Teil nicht geeignet und bei geringen Stückzahlen zu unflexibel und teuer. Daher ist aktuell bei diesen Bauteilen das zeitintensive manuelle Entgraten Stand der Technik. Aus diesem Grund wurde in diesem Projekt die spanende Entgratung mit Industrierobotern untersucht. Die bei manuellen Entgratoperationen bisher eingesetzten Frässtifte erfordern angesichts der komplexen Verschneidungsgeometrie bei sich kreuzenden Bohrungen eine fünfachsige NC-Bearbeitung. Infolge der mangelnden Bahngenauigkeit des Roboters führt dies zu ungenügenden Ergebnissen. Daher wurden Spezialwerkzeuge für die Bearbeitung von Kreuzbohrungen untersucht und bewertet. Im Rahmen der Untersuchungen konnte das Orbitool als am besten geeignet identifiziert werden. Um die Bearbeitungsdauer so gering wie möglich zu halten und die geforderten Fasenbreiten von 200 µm zu erzielen, wurden die Bearbeitungsparameter auf die unterschiedlichen Durchmesserverhältnisse optimiert. Methoden der statistischen Versuchsplanung wurden angewandt um eine Parameteroptimierung durchzuführen und gleichzeitig die Anzahl der Versuche einzugrenzen. Während die manuelle Bearbeitung von Hydraulikventilen in der Luftfahrtbranche etwa 3 Minuten pro Bohrungsverschneidung in Anspruch nimmt, konnte die Bearbeitungsdauer durch die Automatisierung auf circa 10 Sekunden reduziert werden. Dies wurde durch den Einsatz des Orbitool Werkzeugs und die konsequente Optimierung der Bearbeitungsparameter erreicht. Die Zeitersparnis beträgt demnach bis zu 96 %. Ein großes Hemmnis bei der Einführung von Robotersystemen in der Klein- und Mittelserienfertigung stellt der hohe Programmieraufwand dar. Besonders in der spanenden Fertigung sind die Mitarbeiter in der Programmierung von Werkzeugmaschinen geschult, Experten im Bereich der Roboterprogrammierung sind jedoch rar. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Methode entwickelt, die eine automatisierte Programmierung des Roboters erlaubt und dabei zusätzlich die Zeitdauer für Positionierbewegungen minimiert. Die Methode greift auf Ansätze der Graphentheorie zurück. Zur Erstellung des Graphen werden die Knoten und Kanten der STL-Datei des Bauteils verwendet. Anschließend kann die kürzeste Reihenfolge zur Erreichung der vorgegebenen Punkte berechnet werden. Am Beispiel eines Hydraulikventils konnte das Potenzial dieses Vorgehens demonstriert werden, indem ein zeitliches Einsparpotenzial von 91,3 % aufgezeigt wurde. Das ausgewählte Orbitool benötigt eine komplexe Werkzeugbewegung. Die Programmierung der spiralförmigen Bewegung wurde durch die Entwicklung eines Softwaremoduls erheblich vereinfacht. Das Modul ermöglicht die automatische Erstellung der Werkzeugbahn unter Vorgabe der Bohrungsdurchmesser und der Technologieparameter. Dies reduziert den Aufwand zur Einrichtung des Robotersystems und verringert die Anforderungen an die Qualifikation des Roboterbedieners. Ein Demonstrator im Versuchsfeld des Instituts wird aktuell als gelungenes Beispiel wertschöpfender Automatisierung, bei gleichzeitig geringen Kosten in der Anschaffung, gezeigt. Der Transfer der Ergebnisse in die Industrie wird aktuell geprüft. Sowohl seitens der Roboterhersteller, Werkzeughersteller als auch CAM Softwarehersteller besteht ein vitales Interesse aufbauend auf diesen hier erarbeiten Grundlagen weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten darauf aufzubauen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2013), Deburring of cross holes in titanium using industrial robots, Progress in Production Engineering, WGP Kongress 2013, July 23-24, Erlangen, ISBN 978-3-03785-791-5
Pischan, M.
-
(2015), Entgraten von Kreuzbohrungen mit Industrierobotern, Dissertation TU Darmstadt, Shaker Verlag Aachen
Pischan, M.