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Ausgrabungen in Tell Sheikh Hassan/Syrien - Endpublikation Band II Urukzeit: Architektur und Stratigraphie

Antragstellerin Dr. Friederike Bachmann
Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2012 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 226676119
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat ganz wesentliche Neuerungen und Ergänzungen zur Gesamtstratigraphie der urukzeitlichen Schichten (9 - 4) von Tell Sheikh Hassan erbracht, die sich - im Vergleich zu der bisher entwickelten, vorläufigen – in einer insgesamt weniger differenzierten Schichtenabfolge widerspiegelt. Hauptkriterien für diese Reduzierung der ursprünglichen Schichtenanzahl sind eine klare Definition von Fundament und aufgehendem Lehmziegelmauerwerk als eine bauliche Einheit sowie die Konkretisierung von Bau- und Erneuerungsphasen in Korrelation zur jeweiligen Schicht. Fundinventar und C14-Datierungen weisen die Schichten 9 - 5 einwandfrei in die mittlere Urukzeit, während Schicht 4, deren Laufzeitlänge aufgrund der Planierungs- und Baumaßnahmen während der neuassyrischen Zeit (Schicht 3) nicht geklärt werden kann, nach den wenigen noch aufgefundenen Keramikgefäßfragmenten zu urteilen, bereits den Übergang zur Späten Urukzeit markiert. Einsaalbauten sowie einseitig raumflankierte Saalhäuser entsprechen in ihren jeweiligen Grundrissschemata den für diese Zeit üblichen Normen. Als Baumaterial finden sich ausschließlich luftgetrocknete Lehmziegel, die entweder direkt oder in vielen Fällen auch auf einem mehrlagigen, massiven Steinfundament hochgemauert und verputzt sind. Im Unterschied zu Befunden aus Vergleichsorten handelt es sich bei den sog. Mittelsaalhäusern in Tell Sheikh Hassan um einfache, beidseitig raumflankierte Saalhäuser, ein Kopftrakt konnte zumindest im freigelegten Stadtbereich nicht nachgewiesen werden. Innerhalb der Gebäudearchtitektur lassen sich einige bauliche Details beobachten: Verstärkung der Gebäudeecken im Steinfundament. - Aus Lehmziegeln gemauertes Podest innerhalb des Gebäudes direkt links oder recht neben der Eingangstür. - Unter Gebäudemauern: Vereinzelt Ausgleichsschicht aus Stampflehm, um Niveauausgleich zu Nachbargebäude zu schaffen. - Luftkanal innerräumlicher Feuerstellen kann Hinweis auf Lage einer Tür geben. Bauwerke, bei denen es sich explizit um Kultgebäude gehandelt hat, sind nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen, möglicherweise sind diese eher auf der Hügelkuppe zu vermuten . Die freigelegten Bauten bzw. Freiflächen und ihre Inventare zeichnen das Bild einer Ansiedlung mit aktivem, auf den Eigenbedarf ausgerichteten Handwerk in Form von Töpferei, Metallverhüttung und Landwirtschaft. Mindestens zwei Erdbeben müssen sich während der Existenz der Stadtanlage ereignet haben, von denen das erste während der ältesten Schicht (9) keine relevanten Traditionsänderungen oder -brüche erkennen lässt. Beisetzungen von Föten unter den Fußboden eines Gebäudes finden sich in Schicht 9 wie auch in der jüngsten, baulich signifikanten Schicht 6. Das zweite Erdbeben während Schicht 6 hat offensichtlich die Aufgabe der Stadtanlage beschleunigt, zumindest lassen die unzusammenhängenden Gebäudestrukturen und die Überbauung der Stadtmauer zur Zeit von Schicht 5 diesen Schluss zu. Die Ausrichtung der Gebäude innerhalb des Stadtgefüges steht die gesamte Siedlungsdauer über in Abhängigkeit zum Verlauf der Befestigungsanlage, auch bei einer Grundrissdrehung um 90° wird dies beibehalten. Das Forschungsprojekt ermöglichte es, die herausragende handelspolitische Stellung der Stadt anhand der Symbiose von Architekturbefund und Fundinventar aufzuzeigen und im überregionalen Kontext zu verankern. Es ist anzunehmen, dass Tell Sheikh Hassan ein wichtiges Zahnrad innerhalb der Handelsverbindungen in Richtung Westen, also zum Mittelmeer, zur Levante und nach Ägypten hin gewesen ist. Handelsgut war in erster Linie Bitumen, das aus Hit importiert und weiterverhandelt oder im Zusammenhang mit dem Warentransport, in geringem Maße auch zum Eigenbedarf, vor Ort genutzt wurde. An diese Handelstätigkeit knüpfte später Habuba Kabira am jenseitigen Euphratufer unmittelbar an.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Und noch mehr Uruk in Berlin … Die Sammlung Tell Sheikh Hassan / Syrien im Vorderasiatischen Museum, in: Antike Welt, Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 4/2013, 54-55
    Bachmann, F.
  • 2015: Die frühneolithischen und urukzeitlichen Silex- und Obsidianindustrien aus Tell Sheikh Hassan, Ausgrabungen in Tell Sheikh Hassan, Band V.1, Gladbeck
    Müller-Neuhof, B.
  • 2018 Tell Sheikh Hassan/Syria: A mysterious building and fallen walls – some remarks of the 4th–Millennium-levels (11. ICAANE Ludwig-Maximilian-Universität München)
    Bachmann, F.
  • 2020: Neuassyrische Wandmalereien aus Tell Sheikh Hassan, in: Festschrift für Lutz Martin, marru 9, 219-229, Zaphon-Verlag, Münster
    Bachmann, F.
 
 

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