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Die Bedeutung segmentaler Duplikationen für die Gen- und Genomevolution höherer Primaten einschließlich des Menschen

Fachliche Zuordnung Humangenetik
Förderung Förderung von 2006 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 22730685
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die enorme Komplexität und Plastizität des Humangenoms ist in seiner Entstehung nur im Kontext seiner Evolution zu verstehen. Dies gilt in erhöhtem Maße für das Y-Chromosom, da es innerhalb seines überwiegend männlich-spezifischen Anteils nicht der Rekombination unterliegt und daraus folgend eine erhöhte Mutationsrate aufweist. Zweifellos haben segmentale Duplikationen als Grundlage einer hohen Variabilität der Genome einen großen Anteil an deren Komplexität und Plastizität. Bezogen auf das Y-Chromosom zeigen unsere Ergebnisse der evolutionären Rekonstruktion der ancestralen Duplicon-Architektur eine kontinuierliche Transposition duplizierter Sequenzen auf das sich evoluierende Y-Chromosom der höheren Primaten. Zweifellos lieferte dies die Grundlage für die Entstehung eines Spezies-spezifischen komplexen Verteilungsmusters dieser Sequenzen auf den Y-Chromosomen der höheren Primaten in der Zeit ihrer reproduktiven Isolation. Derselbe Sachverhalt trifft für die von uns spezifisch untersuchten CHEK2- und DUX4-Duplicons in gleicher Weise zu. Interessanterweise gelangten auch die Genfamilien DAZ und CDY im Verlauf der Primatenevolution durch Transposition einer autosomalen Kopie auf das Y-Chromosom, wo sie dann im weiteren eine Testis-spezifische Funktion und ebenfalls ein Spezies-spezifisches Verteilungsmuster auf den unterschiedlichen Y-Chromosomen der höheren Primaten erlangten. In diesem Zusammenhang war es überraschend, dass sich so nah verwandte Schwestergruppen einer Gattung, wie Schimpanse und Bonobo, in Bezug auf die intra-Spezies Variation der Zahl und Anordnung von DAZ- und CDY-Gene in extremer Weise unterscheiden: eine bisher nicht beschriebene intra-Spezies Variation dieser Fertilitätsgene auf den Y-Chromosomen der Schimpansen gegenüber eines invarianten Musters bei den Bonobos. Vergleichbar zum Bonobo haben wir auch bei Gorillas und Orang-Utans keine, bzw. eine äußerst geringe intra-Spezies Variation dieser Spermatognese-Gene auf deren Y-Chromosomen entdeckt. Obwohl wir Foundereffekte bzw. genetische Drift beim Etstehen der Unterschiede nicht ausschließen können, ließen sich diese auch im Kontext der extrem unterschiedlichen Sozialstrukturen und dem unterschiedlichen Paarungsverhalten bei Menschenaffen erklären.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007) Azoospermia due to an Unique De Novo Balanced Reciprocal Translocation (Y;1) (q12;q25). J Androl 28: 647-651
    Braun-Falco M, Schempp W, Nevinny-Stickel-Hinzpeter C, Koehn FM
  • (2008) Chromosomal and molecular studies of a hybrid between red-shanked douc langur (Pygathrix nemaeus) and Hatinh langur (Trachypithecus hatinhensis). Vietnamese J Primatol 2: 55-62
    Schempp W, Münch C, Roos C, Nadler T
  • (2008) Chromosomal evolution of the PKD1 gene family in primates. BMC Evolutionary Biology 8: 263
    Kirsch S, Pasantes J, Wolf A, Bogdanova N, Münch C, Markoff A, Pennekamp P, Krawczak M, Dworniczak B, Schempp W
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/1471-2148-8-263)
  • (2008) Evolution of the DAZ gene and the AZFc region on primate Y chromosomes. BMC Evolutionary Biology 8: 96
    Yu Y-H, Lin Y-W, Yu J-F, Schempp W, Yen HP
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/1471-2148-8-96)
  • (2008) Evolutionary analysis of the highly dynamic CHEK2 duplicon in anthropoids. BMC Evolutionary Biology 8: 269
    Münch C, Kirsch S, Fernandes AMG, Schempp W
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/1471-2148-8-269)
  • (2008) Evolutionary dynamics of segmental duplications from human Y-chromosomal euchromatin/heterochromatin transition regions. Genome Research 18: 1030-1942
    Kirsch S, Münch C, Jiang Z, Cheng Z, Chen L, Batz C, Eichler EE, Schempp W
  • (2008) Molecular paternity determination in captive bonobos and the impact of inbreeding on infant mortality. Animal Conservation 11: 306-312
    Van Coillie S, Galbusera P, Roeder AD, Schempp W, Stevens JMG, Leus K, Reinartz G, Pereboom Z
  • (2009) A gene conversion hotspot in the human growth hormone (GH1) gene promoter. Hum Mutat 30: 239-247
    Wolf A, Millar DS, Caliebe A, Horan M, Newsway V, Kumpf D, Steinmann K, Chee I-S, Lee Y-H, Mutirangura A, Pepe G, Rickards O, Schmidtke J, Schempp W, Chuzhanova N, Kehrer-Sawatzki H, Krawczak M, Cooper DN
  • (2009) A non-human primate BAC resource to study interchromosomal segmental duplications. Cytogenet 125: 253-259
    Kirsch S, Hodler C, Schempp W
  • (2009) A novel system of polymorphic and diverse NK cell receptors in primates. PloS Genet 5(10): e1000688
    Averdam A, Petersen B, Rosner C, Neff J, Roos C, Eberle M, Aujard F, Münch C, Schempp W, Carrington M, Shiina T, Inoko H, Knaust F, Coggill P, Sehra H, Beck S, Abi-Rached L, Reinhardt R, Walter L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1000688)
  • (2009) Complex evolution of a Y-chromosomal double homeobox 4 (DUX4)-related gene family in hominoids. PLoS ONE 4(4):e5288
    Schmidt J, Kirsch S, Rappold GA, Schempp W
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0005288)
  • (2009) Molecular diagnosis in dermatology: What makes sense, and what doesn't. Experimental Dermatology 18: 12-23
    Braun-Falco M, Schempp W, Weyers W
  • (2009) Novel cytomegaloviruses in free-ranging and captive great apes: phylogenetic evidence for bidirectional horizontal transmission. J Gen Virol 90: 2386-2394
    Leendertz FH, Deckers M, Schempp W, Lankester F, Boesch C, Mugisha L, Dolan A, Gatherer D, McGeoch DJ, Ehlers B
  • (2010) Y chromosomal variation tracks the evolution of mating systems in chimpanzee and bonobo. PLoS ONE 5(9); e12482
    Schaller F, Fernandes AM, Hodler C, Münch C, Pasantes JJ, Rietschel W, Schempp W
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0012482)
 
 

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