Dopaminmodulation Psychose-relevanter (meta)kognitiver Dysfunktionen: eine Doppelblindstudie
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Dopaminhypothese stellt bis heute das am besten belegte neurobiologische Modell von Psychosen dar. Diese postuliert, dass psychotische Symptome wie Wahnideen oder Sprachdesorganisation durch einen Überschuss des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn entstehen, und dass die Blockade von Dopaminrezeptoren eine Verbesserung dieser Symptome bewirkt. Tatsächlich sind alle aktuell zugelassenen Antipsychotika Dopaminantagonisten, d.h. sie verhindern die Wirkung von Dopamin auf Dopaminrezeptoren. Obwohl die neurobiologischen Wirkungen von Antipsychotika ausgiebig erforscht wurden, ist wenig darüber bekannt, wie diese zu Symptom- und Verhaltensänderungen führen. Das vorliegende Projekt setzte sich zum Ziel, neue Erkenntnisse zu erbringen. Untersucht wurden bei gesunden Probanden die Effekte der einmaligen Einnahme des Dopaminagonisten L-dopa (einer Substanz, die eine Dopaminaktivität im Gehirn verstärkt), des Dopaminantagonisten Haloperidol (eines antipsychotischen Medikamentes) und einer nicht-wirksamen Substanz (Placebo). Die Teilnehmer führten nach der Substanzeinnahme Aufgaben durch, die verschiedene, mit spezifischen Psychose-Symptomen im Zusammenhang stehende, kognitive Fähigkeiten erfassen: (1) kognitive Verzerrungen wie voreiliges Schlussfolgern bzw. Überkonfidenz für Fehlurteile, assoziiert mit Wahn; und (2) semantisches Priming (d.h. Bahnung von Begriffen im Wortgedächtnis), assoziiert mit der desorganisierten Sprache. Das semantische Priming wurde durch die experimentelle Modulation in der (anhand klinischer Beobachtungen) erwarteten Richtung beeinflusst – ein eindeutiger Hinweis auf eine Verbindung zwischen Dopaminaktivität und dem kognitiven Substrat der desorganisierten Sprache. Im Bereich der kognitiven Verzerrungen legen die Befunde nahe, dass diese nicht einheitlich durch die Dopaminaktivität beeinflusst werden. Das könnte bedeuten, dass Wahnideen durch ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren und nicht durch einen einzigen kognitiven Mechanismus hervorgerufen werden; nur einige dieser kognitiven Mechanismen werden durch Antipsychotika beeinflusst. Das legt die Vermutung nahe, dass die Wirksamkeit der Psychosenbehandlung durch eine Kombination von Antipsychotika mit gezielten komplementären (psychologischen) Interventionen erhöht werden kann.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Can cognitive biases be dopaminergically modulated? A double-blind study. Jumping-to-conclusions / Information Sampling Conference, Liverpool 2012
Andreou C, Moritz S
- Dopaminerge Modulation von Priming: Eine randomisierte, doppel-verblindete Studie. DGPPN Kongress, Berlin 2012
Andreou C, Veith K, Rieger AMK, Schildt A, Moritz S
- Dopaminergic modulation of probabilistic reasoning and overconfidence in errors: a double-blind study. Schizophr Bull 2014;40:558-565
Andreou C, Moritz S, Veith K, Veckenstedt R, Naber D
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/schbul/sbt064) - Effects of dopaminergic modulation on automatic semantic priming: a double-blind study. J Psychiatry Neurosci 2014;39:110- 117
Andreou C, Veith K, Bozikas VP, Lincoln TM, Moritz S
(Siehe online unter https://doi.org/10.1503/jpn.130035) - Experimental dopaminergic manipulation of cognitive and sensory information processing. DGPPN Kongress, Berlin 2014
Andreou C.
- Associations between visual perception accuracy and confidence in a dopaminergic manipulation study. Front Psychol 2015;6:414
Andreou C, Bozikas VP, Luedtke T, Moritz S
(Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fpsyg.2015.00414) - Dopamine effects on evidence gathering and integration. J Psychiatry Neruosci 2015;40:422-428
Andreou C, Schneider BC, Braun V, Kolbeck K, Gallinat J, Moritz S
(Siehe online unter https://doi.org/10.1503/jpn.140306)