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Westdeutsche und westeuropäische Reaktionen auf das Apartheidsystem in Südafrika

Antragsteller Professor Dr. Axel Schildt (†)
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 227820122
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt erschließt die weitgehend unerforschte Verflechtungsgeschichte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit deutschsprachigen Kirchen in Südafrika und Namibia zur Zeit der Apartheid. Im Zentrum der Untersuchung standen hierbei die Wahrnehmungen, Erfahrungen und Reaktionen westdeutscher evangelischer Pfarrer, die in den 1970er und 1980er Jahren über das Kirchliche Außenamt der EKD als „Auslandspfarrer“ in deutschsprachige Auslandsgemeinden im südlichen Afrika entsandt wurden. Es konnte gezeigt werden, dass der Umgang mit der Apartheid ein Grundkonflikt des Auslandsdienstes dieser Pfarrer in Namibia und Südafrika war. Der Konflikt berührte Fragen nach der Lebensführung sowohl der Pfarrer als auch der Mitglieder der Auslandsgemeinden. Die Manifestationen des Apartheidsystems begegneten den Pfarrern im beruflichen wie im privaten Alltag in unterschiedlichen Bereichen. Zentrale Dimensionen, bei denen die westdeutschen Pfarrer die Auswirkungen der Apartheidpolitik zu spüren bekamen, waren die Arbeit in der eigenen Gemeinde, die persönlichen und beruflichen Verflechtungen mit deutschen Privat- und südafrikanischen Regierungsschulen, der Bereich des Wohnens sowie der Kontakt zu Gemeinden und Kirchen, deren Mitglieder der unterdrückten Mehrheitsbevölkerung angehörten. Wie die entsandten Pfarrer den Apartheidkonflikt wahrnahmen, war nicht allein von den Erlebnissen und Erfahrungen vor Ort geprägt, sondern in erheblichem Maße von den Auswirkungen gesellschaftlicher Veränderungen sowie von den Apartheiddebatten in den evangelischen Kirchen der Bundesrepublik Deutschland und in den internationalen Organisationen der ökumenischen Bewegung. Die Auseinandersetzungen um die Apartheid fanden vor dem Hintergrund verschiedener Transformationsprozesse statt, welche die beteiligten Kirchen und ihre Mitglieder in unterschiedlicher Weise betrafen. Neben Politisierungsprozessen ließen sich hierbei Prozesse der Pluralisierung, der Internationalisierung und der Modernisierung feststellen. Impulse dafür boten die gesellschaftlichen Umbrüche in den westlichen Gesellschaften der 1960er Jahre sowie eine auch durch die Dekolonisation entstandene neue Aufmerksamkeit gegenüber dem globalen Süden, die die ökumenische Bewegung grundlegend veränderte und damit die evangelischen Kirchen in der Bundesrepublik beeinflusste. Die genannten Transformationsprozesse verliefen jedoch nicht in homogener und linearer Weise und riefen Widersprüche hervor. Mit Blick auf die Frage nach den Reaktionen in den evangelischen Kirchen auf die Apartheid konnte gezeigt werden, dass diese nicht allein inneren Logiken folgten, die auf in den 1960er Jahre einsetzenden Wandlungsprozessen der westdeutschen Gesellschaft beruhten, sondern darüber hinaus von materiellen wie immateriellen Verflechtungen des westdeutschen Protestantismus mit den Kirchen in Südafrika und Namibia beeinflusst wurden. Mit diesem Ergebnis kann die Studie als ein Beitrag zu einer westdeutschen Zeitgeschichte verstanden, die, angelehnt an eine „Geschichte der Bundesrepublik als Provinz der globalisierten Welt“ (Raphael 2016) und an eine „transnationale Geschichte Deutschlands“ mit Blick auf die „jüngere Zeitgeschichte“ (Gallus/Schildt/Siegfried 2015), außerhalb der nationalstaatlichen Grenzen nach Spuren bundesrepublikanischer Geschichte sucht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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