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Erstausgabe: Vergil, Aeneis, deutsch von Thomas Murner, Straßburg 1515
Antragsteller
Professor Dr. Nikolaus Henkel
Fachliche Zuordnung
Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229103576
Thomas Murners (1475-1537) Versübersetzung von Vergils ‚Aeneis', eines poetischen Leittextes in der Bildungswelt des westlichen Abendlandes, ist die erste deutsche und bis zur Übersetzung des Augsburger Meistersingers Johannes Spreng (1610) die einzige. Den 12 vergilischen Büchern ist, entsprechend der Drucküberlieferung der ,Aeneis', das 13. Buch des Maffeo Vegio, in dem die Handlung gewissermaßen „komplettiert" wird, angehängt. Murners Übersetzung „gehört zu den wichtigsten dt. Übersetzungsleistungen des 16. Jhs.“ (Worstbrock, 2011, Sp. 356f.). Sie soll jetzt erstmals in einer Edition vorgelegt werden. Anders als Murners deutsche Texte, insbesondere die Narrensatiren und antireformatorischen Schriften, die fast ausnahmslos ediert sind und denen die Aufmerksamkeit der germanistischen Forschung seit dem 19. Jh. galt, haben seine lateinischen Werke wie auch seine Übersetzungen wenig bis keine Aufmerksamkeit erfahren.Murners Vergil-Übersetzung gewinnt ihr historisches Profil zum einen maßgeblich durch ihre Zugehörigkeit zum kulturellen Umfeld Kaiser Maximilians I., der, wie Murners Vorwort nachdrücklich betont, als Friedenskaiser seiner Zeit dem Friedenskaiser Augustus gleichkomme, auf den hin Vergil seine ‚Aeneis' konzipierte und damit die Erfüllung der bis in die Gegenwart um 1500 tradierten Idee der Pax Romana verkörpere. Zum anderen will Murner in typischem Humanisten-Gestus seine Übersetzung als kulturelle Rettung des großen Werks für die Welt derer verstanden wissen, die keinen Anteil an der lateinischen Bildung haben: er habe das Werk des großen Vergil von latynschem todt in tütsches Leben [...] erquicket. Und schließlich hat Murners Übersetzung einen besonderen Wert durch die Wahl der Form, des freien Knittels, wodurch sie sich von den sonst in dieser Zeit üblichen Klassiker-Übersetzungen in Prosa abhebt.Murner will seine Übersetzung als Hilfsmittel zum Erlernen des Lateinischen genutzt wissen, weswegen er neben die deutschen Verse abschnittsweise die Initien des zugehörigen lateinischen Textes setzt, damit man diesen stets vergleichen kann. Für die Erforschung von Kontakt- und Übergangsphänomenen zwischen Latein und Volkssprache in Spätmittelalter und früher Neuzeit kann Murners Übersetzung zu einem Referenztext von erwartbar hoher Repräsentanz werden. Deshalb soll die zu erstellende Erstedition des deutschen Textes diesem auch synoptisch Murners lateinische Vorlage gegenüberstellen und so den angezielten historischen Benutzungsmodus repräsentieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen