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Die Einschätzung der Patienten des psychiatrischen Maßregelvollzugs durch Ihre Behandler als Basis der Entwicklung eines Beurteilungsinstrumentes

Antragsteller Dr. Norbert Schalast
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229236921
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In den letzten Jahrzehnten hat der Maßregelvollzug gemäß §§ 63 und 64 StGB auch wegen der sich drastisch erhöhenden Zahlen Untergebrachter enorm an Bedeutung gewonnen. Seit knapp 20 Jahren kommen jedes Jahr stetig neue Patienten hinzu, wohingegen die Entlassungszahlen zurückgehen, insbesondere bei persönlichkeitsgestörten Patienten. Vor Aussetzung der forensischen Unterbringung zur Bewährung und Entlassung in Freiheit muss jeder Patient bezüglich des von ihm ausgehenden Risikos krimineller Rückfälligkeit eingeschätzt werden. Die Kriterien, auf die die forensischen Fachkräfte ihre prognostischen Beurteilungen konkret stützen, sind bislang wenig erforscht. Vor diesem Hintergrund zielte die vorliegende Arbeit darauf ab, die im individuellen Erleben der Behandler prognoserelevanten Merkmale anhand von Experteninterviews zu identifizieren und die erhobenen Inhalte für die Entwicklung eines strukturierten Beurteilungsbogens zur Einschätzung persönlichkeits- bzw. entwicklungsgestörter Patienten zu nutzen. Es wurden 103 Experteninterviews durchgeführt, die zum Ziel hatten, die Kriterien zu erfragen, an denen sich die Behandler in der Praxis bei der Beurteilung ihrer Patienten tatsächlich orientieren. Ein auf der Basis diesen Materials entworfene Beurteilungsbogen wurde sodann in zwei Durchläufen an über 100 Patienten erprobt und auf der Basis statistischer Prüfungen erheblich komprimiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die befragten Behandler bei der prognostischen Beurteilung ihrer forensischen Patienten ihr Hauptaugenmerk auf klinische, dynamische Variablen legten. Anamnestische (statische) und statistische Kriterien spielten zwar durchaus eine Rolle, die Therapeuten achteten primär aber auf latente und therapeutischen Bemühungen zugängliche Variablen, allen voran die Fähigkeit zu Einsicht und die Orientierung des Patienten in Richtung Veränderung und Therapie (Einsicht und Therapieorientierung). Als weitere in den Beurteilungsbogen übernommene prognoserelevante Merkmale stellten sich ‚Soziale Kompetenz‘, ‚Impulsivität‘ und ‚Delinquenzvorgeschichte‘ heraus. Zur Prüfung der prognostischen Validität des entwickelten Prognoseverfahrens wären weitere Datenerhebungen angezeigt. Vor allem käme in Betracht, die prognostische Validität des Verfahrens in Bezug auf die Langzeitprognose und die Bewährung in Freiheit zu prüfen und mit anderen, etablierten Prognoseinstrumenten zu vergleichen.

 
 

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