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Die Einschätzung der Patienten des psychiatrischen Maßregelvollzugs durch Ihre Behandler als Basis der Entwicklung eines Beurteilungsinstrumentes

Antragsteller Dr. Norbert Schalast
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229236921
 
Der psychiatrische Maßregelvollzug (MRV gemäß §§ 63, 64 StGB) hat in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Aussichten eines Patienten, aus einer strafgerichtlich angeordneten Unterbringung zur Bewährung in die Freiheit entlassen zu werden, sollten wesentlich vom Risiko delinquenter Rückfälligkeit abhängen. Woran die Kliniktherapeuten sich bei den Beurteilungen der Patienten tatsächlich orientieren, ist für den MRV bisher nicht untersucht worden. Zwar existieren Instrumente zur Risikoeinschätzung, doch weiß man nicht, was Behandlern in der Praxis wesentlich erscheint. Auch bilden die etablier-ten Beurteilungsverfahren therapeutisch induzierte Veränderungen nur bedingt ab. Im Rahmen der vorgeschlagenen Studie wird zunächst untersucht, welches aus Sicht der Behandler bei im weiteren Sinne entwicklungsgestörten Patienten die für die Beurteilung maßgeblichen Aspekte sind. Zu diesem Zweck werden 100 Fachkräfte des § 63- und § 64-MRVs in Interviews dazu befragt, woran sie sich bei ihren Einschätzungen orientieren. Jeder Interviewpartner wird zusätzlich um eine anonymisierte Stellungnahme (§ 67e StGB) zur Entlassungsperspektive eines Patienten gebeten. Basierend auf den Interviews und der Auswertung der Stellungnahmen wird eine Liste von etwa 100 Aussagen als Rohfassung eines Beurteilungsverfahrens erstellt. Sie wird den Interviewpart-nern zur Prüfung vorgelegt. Mit einer überarbeiteten Fassung des Beurteilungsbogens werden je 100 Patienten des § 63- und des § 64-Maßregelvollzugs durch je zwei Beschäftigte eingeschätzt. Die auf diese Weise gewonnenen Daten des Beurteilungsbogens werden statistisch auf ihre latente dimensionale Struktur geprüft (Faktorenanalyse). Statistische Analysen sollen auch in Untergruppen der Gesamtstichprobe durchgeführt werden, zum Beispiel in bestimmten Deliktgruppen. Ausgeschlossen werden Items, die weder in der Gesamtauswertung noch in Teilstichproben eine prägnante Beziehung zu einem augenscheinlich relevanten Faktor aufweisen. Zur weiteren Auswahl geeigneter Items werden Skalenanalysen gerechnet. Mit dem komprimierten Verfahren erfolgt 6 bis 9 Monate später eine zweite Beurteilung jedes Patienten. Erneut erfolgen die vorgenannten statistischen Prüfungen und eine weitere Itemselektion. Die inhaltliche Dimensionalität des resultierenden Verfahrens wird auf dem Hintergrund des kriminologischen und psychiatrisch-psychologischen Wissensstandes über prognostisch relevante Merkmale kritisch diskutiert. Eine gute Entsprechung würde auf die Eignung des Verfahrens als (ergänzendes) ökonomisches dimensionales Beurteilungsinstrument hinweisen. Deutliche Diskrepanzen könnten Fragen hinsichtlich der klinischen Praxis der Beurteilung von Maßregelpatienten aufwerfen. Eine über den Projektzeitraum hinausgehende wissenschaftliche Evaluation der prognostischen Validität des Instrumentes wird angestrebt und wäre mit geringem Aufwand realisierbar.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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