Detailseite
Projekt Druckansicht

Wärmetransport in Spin-Eis-Systemen

Fachliche Zuordnung Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229725134
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Zentrum dieses Forschungsprojekts stand die Untersuchung der sog. klassischen Spin-Eis-Systeme Dy2 Ti2 O7 und Ho2 Ti2 O7. Spin-Eis stellt ein magnetisches Analogon zu Wasser-Eis dar, da sein Grundzustand zwar magnetisch stark korreliert, jedoch nicht langreichweitig geordnet ist. Die Ausrichtung der magnetischen Momente entspricht der Proton-Unordnung in Wasser-Eis, in dem gemäß der sog. 2in-2out Eisregel jedes O-Atom von 4 H-Atomen umgeben ist, wobei 2 kürzere und 2 weitere Abstände vorliegen. In Spin-Eis bezieht sich dies auf die Ausrichtung der magnetischen Momente der Dy- bzw. Ho-Ionen, die ein Netzwerk eckenverknüpfter Tetraeder bilden, wobei von den 4 magnetischen Momente je 2 in den Tetraeder hinein bzw. aus diesem heraus zeigen. Die Eisregel legt den Grundzustand nicht eindeutig fest und aus dieser Entartung resultiert eine endliche Restentropie, die bereits 1935 von L. Pauling für das Wasser-Eis berechnet wurde. Als Konsequenz dieser Entartung werden im magnetischen Anregungsspektrum von Spin-Eis anstelle der üblichen magnetischen Dipolanregungen, Paare von mehr oder weniger ungebundenen magnetischen Monopolanregungen erwartet. Das aktuelle Forschungsprojekt hatte das Ziel, Signaturen dieser magnetischen Monopolanregungen auf den Wärmetransport zu klären. Als Funktion des Magnetfeldes wird die Wärmeleitfähigkeit κ in Dy2 Ti2 O7 stufenartig unterdrückt, wobei diese Abnahme für unterschiedliche Feldrichtungen mit der anisotropen Ausbildung der Sättigungsmagnetisierung korreliert. Mithilfe von Vergleichsmessungen an der stark verdünnten Referenzsubstanz DyYTi2 O7 können wir aus den entsprechenden Plateaus von κ die magnetischen Beiträge κmag zum Wärmetransport extrahieren und nden, dass κmag mit dem Entartungsgrad der verschiedenen magnetfeldinduzierten Phasen skaliert. Dies weist darauf hin, dass κmag durch die Beweglichkeit der Monopolanregungen bestimmt wird, wobei eine quantitative Modellierung des Monopol-Wärmetransports bislang noch aussteht. Probleme bereiten hier unter anderem die ausgeprägte Magnetfeldabhängigkeit des phononischen Untergrundbeitrags zu κ, der erstaunlicherweise in Dy2 Ti2 O7 und Ho2 Ti2 O7 stark unterschiedlich ist. Hier konnten wir zeigen, dass dieser Unterschied zwar nicht in direktem Zusammenhang mit dem Spin-Eis-Verhalten steht, doch als Konsequenz ist κmag in Ho2 Ti2 O7 signikant kleiner als in Dy2 Ti2 O7. Des weiteren finden wir ausgeprägte Hysterese- und Relaxationseffekte im Wärmetransport. Bei den tiefsten Temperaturen lässt sich die Relaxation in Dy2 Ti2 O7 teilweise über extrem lange Zeiträume von bis zu über 10 Stunden beobachten und belegt, dass die Ausbildung eines internen thermischen Gleichgewichts nur extrem langsam erfolgt. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die experimentelle Bestimmung der magnetischen Restentropie, die für Dy2 Ti2 O7 bei etwa 0.4 K bereits leicht unter dem Paulingschen Wert liegt, und es gibt Hinweise, dass sich, z.B. auf Grund weiterer Wechselwirkungen, letzlich ein eindeutiger Grundzustand einstellen könnte. Wegen der extrem langen Relaxationszeiten lässt sich dies zur Zeit jedoch nicht eindeutig klären. Unsere Messungen an dem Substitutionssystem (Dy1−x Yx )2 Ti2 O7 zeigen dagegen, dass durch die Verdünnung mit umagnetischen Y die extrem langsamen Relaxationseffekte mit steigendem x sehr schnell unterdrückt werden. Weiterhin finden wir, dass sich für x > 0.2 aus den experimentellen Ergebnissen keine Hinweise für eine endliche Restentropie im Grundzustand ableiten lassen. Unsere Daten widerlegen damit eine frühere Arbeit, die eine nicht-monotone Zunahme der Paulingschen Restentropie als Funktion der Verdünnung vorhergesagt hatte, und bestätigen im wesentlichen neuere Monte Carlo Rechnungen zur Tieftemperatur-Entropie von verdünntem Spin-Eis.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Anisotropic Monopole Heat Transport in the Spin-Ice Compound Dy2 Ti2 O7. Phys. Rev. B 88, 054406 (2013)
    G. Kolland, M. Valldor, M. Hiertz, J. Frielingsdorf and T. Lorenz
  • Hysteresis and Relaxation Eects in the Spin-Ice Compound Dy2 Ti2 O7 studied by Heat Transport. JPS Conf. Proc. 3, 014030 (2014)
    S. Scharffe, G. Kolland, M. Hiertz, M. Valldor, and T. Lorenz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.7566/JPSCP.3.014030)
  • Heat transport of the spin-ice materials Ho2 Ti2 O7 and Dy2 Ti2 O7. J. Magn. Magn. Mater. 383, 83 (2015)
    S. Scharffe, G. Kolland, M. Valldor, V. Cho, J.F. Welter and T. Lorenz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jmmm.2014.11.015)
  • Suppression of Pauling's residual entropy in the dilute spin ice (Dy1−x Yx)2 Ti2 O7. Phys. Rev. B 92, 180405(R), (2015)
    S. Scharffe, O. Breunig, V. Cho, P. Laschitzky, M. Valldor, J.F. Welter and T. Lorenz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1103/PhysRevB.92.180405)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung