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Gruppenbiographische Studien zu KZ-Ärzten.Karrierewege im Nationalsozialismus und in den Nachkriegsgesellschaften von Bundesrepublik und DDR

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2013 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 230125556
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Gegenstand des Forschungsprojektes war eine systematische, historisch-empirische Gruppenbiographie der SS-Ärzte in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des NS-Staates. Basierend auf umfangreichen Archivrecherchen wurden die Lebenswege von insgesamt 125 KZ-Ärzten nachgezeichnet. Neben ihrer Tätigkeit vor und während des „Dritten Reiches“ standen dabei auch ihre Nachkriegskarrieren in Bundesrepublik und DDR im Fokus. Beim Erstellen eines validen Sozialprofils der Gruppe der KZ-Ärzte wurden im Sinne neuerer Ansätze der Kulturgeschichte quantitative Analysen mit qualitativen Untersuchungen zu einzelnen Medizinern verbunden. Die sozialstatistische Analyse bildete dabei das Fundament, auf dem dann die Werdegänge einzelner Mediziner untersucht wurden, die auf repräsentative Weise das Spektrum von Handlungsmöglichkeiten, Motivlagen wie auch Anpassungs- und Rechtfertigungsstrategien innerhalb der Gruppe der KZ-Ärzte abbildete. Bei der gruppenbiographischen Analyse erscheinen die KZ-Ärzte mehrheitlich als junge und ehrgeizige NS-Funktionselite, die von ihrem Handeln in den Konzentrationslagern weltanschaulich überzeugt war. Der täterzentrierte Blick lenkte den Blick auf Eigeninitiative, Motivation und radikalen Ideenhaushalt der SS-Mediziner. Die Adaption der rassistischen NS-Ideologie muss daher – bei aller Bedeutung struktureller und situativer Handlungsweisen – bei ihren Karrieren im „Dritten Reich“ als zentrales Movens angesehen werden. Bei der Gruppe der KZ-Ärzte handelte es sich um eine Weltanschauungselite, die ihrem Selbstverständnis nach als Ingenieure der eugenischen Zukunft Deutschlands bei der sozialrassistischen Umgestaltung der Gesellschaft an entscheidender Stelle eigeninitiativ partizipieren wollte – und dies auch tat. Für die Zeit nach 1945 lässt sich sagen, dass diejenigen KZ-Ärzte, die die Phase der alliierten Gerichtsbarkeit überstanden hatten, in beiden deutschen Teilstaaten weiter als Ärzte praktizieren konnten. Mehr noch als für die Bundesrepublik, wo ab den 1960er Jahren zumindest verschiedentlich juristisch gegen die Verbrechen der KZ-Ärzte vorgegangen wurde, gilt dieser Befund für die DDR. Im Rahmen des Projekts hat am 1./2. April 2019 eine abschließende internationale Tagung "Medizintäter. Ärzte und Ärztinnen im Spiegel der NS-Täterforschung" an der Universität Erlangen-Nürnberg stattgefunden, die sehr gut besucht war und in der Berichterstattung, unter anderem im „Deutschen Ärzteblatt“ und bei „H-Soz-Kult“, besonders hervorgehoben wurde.

 
 

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