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Gruppenbiographische Studien zu KZ-Ärzten.Karrierewege im Nationalsozialismus und in den Nachkriegsgesellschaften von Bundesrepublik und DDR
Antragsteller
Professor Dr. Karl-Heinz Leven
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2013 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 230125556
Gegenstand des Projekts ist die gruppenbiographische Erforschung der SS-Mediziner, die in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern tätig waren. Diese Kerngruppe der Verfolgungs- und Genozidpolitik steht damit erstmals im Zentrum einer systematischen, historisch-empirischen Untersuchung. Das Forschungsvorhaben erstellt zunächst ein Sozialprofil dieser Tätergruppe, untersucht ihre Karrierewege, fragt nach ihrer Mentalität und Motivation, analysiert ihre Handlungsspielräume innerhalb der Konzentrationslager und leistet damit einen Beitrag zu einem umfassenderen Verständnis der Medizin und der Mediziner im Nationalsozialismus. Die SS-Ärzte kamen als Angehörige einer akademischen Elite aus der Mitte der Gesellschaft, die Frage, inwieweit sie nach Kriegsende wieder in diese Mitte zurückkehren konnten, ist erkenntnisleitend für eine Untersuchung ihrer Nachkriegskarrieren in West- und Ostdeutschland. Welche Faktoren, Mechanismen und Netzwerke waren ihnen bei der Reintegration behilflich? Hierbei wird erstmals auf breiter empirischer Basis die vergangenheitspolitische Auseinandersetzung in beiden deutschen Teilstaaten mit einer genau definierten, berufsspezifischen Tätergruppe analysiert. Die Geschichte dieser doppelten deutschen Bewältigungsgeschichte erhellt zum einen ein wichtiges Kapitel der Medizingeschichte und liefert zugleich paradigmatische Erkenntnisse über den gesellschaftlichen Umgang mit einer NS-Elite in beiden deutschen Staaten.Der im beantragten Forschungsvorhaben gewählte kollektivbiographische Ansatz geht somit weit über die bloße Rekonstruktion von Lebensläufen hinaus. Die Untersuchung der Lebenswege der KZ-Ärzte ist Ausgangspunkt, um ideologische Denkmuster, sich wandelnde gesellschaftliche Rahmenbedingen und die Funktionsweise von Herrschaftsstrukturen näher zu erforschen. Darüber hinaus ermöglicht es der hier angewandte personenbezogene Zugang, Kontinuitäten und Brüche zwischen verschiedenen Epochen der deutschen Zeitgeschichte besser zu begreifen. Der gruppenbiographische Ansatz eröffnet dabei in einem besonderen Maße Chancen, eine wesentliche Herausforderung der deutschen Gegenwartshistorie zu meistern, nämlich die drei deutschen Zeitgeschichten - die Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg bis 1945 sowie die Geschichte der BRD wie auch der DDR - in ein Relationsgefüge zu bringen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen