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Wahrheit als Opfer? Ethische Hinterfragung eines philosophischen Topos

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 230136823
 
Das Forschungsprojekt behandelt die ethischen Grundlagen der Suche nach der Wahrheit. Sein allgemeines Ziel ist es, die Bedingungen zu bezeichnen, unter denen sinnvoll von Opfer im Zusammenhang mit der Wahrheit die Rede sein kann. Dabei rückt das Verhältnis zwischen der Philosophie und den klassischen Theorien des Opfers und der Gabe in den Mittelpunkt. Spezifisch wird (1) in historischer und systematischer Hinsicht geprüft, ob und wie die Erkenntnis und die Mitteilung von Wahrheit Opfer einschließen. Danach soll es (2) in deskriptivem Sinn darum gehen, welche Rolle das Opfer für unsere Vorstellung von Wahrhaftigkeit und Authentizität spielt. Zudem sollen (3) in normativem Sinn die Bedingungen der Legitimation dieser Opfer aufgezeigt werden. Leitende Hypothesen sind: (a) Die Erkenntnis und die Mitteilung von Wahrheit(en) haben in jedem Kontext einen Preis, der jedoch nur schwer zu bestimmen ist. (b) Unser Verständnis von Wahrheit lässt sich schärfen, wenn die Form des Opfers, die bei der Suche nach der Wahrheit involviert ist, in ihrer übertragenen Bedeutung vom kultischen Sinn her erschlossen wird. Im ersten Hauptteil gehen wir darum von aktuellen Opfertheorien und ihren Reflexionen in der Gegenwartsphilosophie aus. Im Anschluss daran wird die triadische Struktur des kultischen Opfers, seine asymmetrische Ökonomie und seine Wirkungen auf das Leben der Gemeinschaft herausgearbeitet. So wird ein heuristischer Leitfaden für die Untersuchung der Funktion des Opfers in Wahrheitsdiskursen der Philosophie gewonnen.Gegenstand des zweiten Teils wird die Wechselbeziehung von Wahrheit und Opfer in der modernen Philosophie sein. Es soll exemplarisch bei Bruno, Hegel, Nietzsche und Heidegger nachgewiesen werden, dass es sich hierbei um einen fest verankerten Topos handelt, der es nahe legt, von Wahrheit als Opfer zu sprechen. Es soll gezeigt werden, dass der Opferbegriff einerseits der Infragestellung von Auffassungen der Wahrheit als Korrespondenz dient, andererseits zum Instrument der Selbstlegitimation des Philosophen wird. Der dritte Teil ist der ethischen Dimension von Opfern für die Wahrheit gewidmet. Dazu werden die Semantik des Wortes 'Opfer' als Interpretament entsprechender Handlungen und der Gebrauch von 'Opfer' als dich­tem, Deskriptives und Normatives vereinigendem, Begriff analysiert. Danach wird die Frage nach der Legitimation des Opfers im Allgemeinen und die des Opfers für die Wahrheit im Besonderen gestellt und die Aporetik deontologischer und teleologischer Legitimationsversuche aufgezeigt. Im Ergebnis wird sich ein hermeneutischer und narrativer Zugang zum Opfer für die Wahrheit als notwendig erweisen; er lässt zugleich die Rolle von Opfern für die Wahrheit im Rahmen von Konzepten des guten Lebens beschreiben und rechtfertigen. Die Frage nach der Legitimation des Opfers für die Wahrheit wird damit auf die Frage nach dem moralischen Wert von Wahrhaftigkeit und Authentizität zugespitzt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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