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Neue Einblicke in die Komplexität der Nitrit oxidierenden Bakteriengemeinschaft aus Abwasser

Fachliche Zuordnung Mikrobielle Ökologie und Angewandte Mikrobiologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 230977559
 
Es ist seit langem bekannt, dass die Nitrifikation ein Schlüsselprozess bei der biologischen Abwasserreinigung ist, dennoch wurden vor kurzem überraschende Entdeckungen bei den Nitrit oxidierenden Bakterien (NOB) gemacht. I) Im Gegensatz zum Lehrbuchwissen über zwei getrennte funktionelle Gruppen wurde bei Nitrospira eine komplette Oxidation von Ammoniak zu Nitrat entdeckt (Comammox). II) In einigen Kläranlagen in Nordeuropa ist Nitrotoga und nicht Nitrospira der dominierende Nitritoxidant. III) Nitrolancea ist der erste Abwasser-relevante Nitrifikant aus dem Phylum Chloroflexi. Damit wird deutlich, dass immer noch neue Ammoniak und Nitrit oxidierende Mikroorganismen mit unbekannten physiologischen Eigenschaften entdeckt werden können. Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Umweltbedingungen über die ökologische Nischenbildung entscheiden und umgekehrt neue NOB durch gerichtete Kultivierung isoliert werden können, wenn man sich die selektierenden Faktoren zunutze macht. Im ersten Teil des Projektes konnten wir erfolgreich neue Arten von Nitrospira und Nitrotoga als Referenzorganismen für phänotypische und genomische Untersuchungen kultivieren. Um die treibenden Kräfte in Hinblick auf die Verteilungsmuster der verschiedenen NOB zu verstehen, wurden ausgewählte physiologische Charakteristika miteinander verglichen. Dabei war zum Beispiel eine erhöhte Temperatur von 42°C (und ein reduzierter Sauerstoffpartialdruck) bei Anzucht einer neuen Nitrospira Art aus Belebtschlamm entscheidend. Neben der Inkubationstemperatur und der Substratkonzentration konnten wir zeigen, dass in einem Kaltwasser-Biofilter einer Aquakulturanlage ein leicht saurer pH-Wert wichtig für die Hochregulierung von Nitrotoga im Vergleich zu Nitrospira war. In kinetischen Experimenten haben wir die Substrataffinität von 13 Arten innerhalb von 5 Gattungen von NOB analysiert und wir konnten zeigen, dass der Km-Wert für Nitrit von Nitrospira und Nitrotoga wesentlich niedriger ist als der von Nitrobacter, der hingegen die höchste maximale Aktivität Vmax zeigte. Erste Konkurrenzexperimente in Bioreaktoren bestätigten mittels qPCR den Wachstumsvorteil von Nitrotoga gegenüber Nitrospira bei 17°C. Es wurde jedoch deutlich, dass die Dominanz einer von zwei NOB zusätzlich durch den pH-Wert (6,5 vs 7,4) im Einklang mit den natürlichen Standortbedingungen beeinflusst wird. Diese komplexe Regulation soll in der nächsten Projektphase mit weiteren Arten von Nitrotoga und Nitrospira vertieft werden. Neben Modifikation der mineralischen Medien und der Inkubationsbedingungen werden wir uns auch auf Ko-Kulturen mit heterotrophen Bakterien konzentrieren, in denen durch die Unterstützung von Helfer-Organismen die Vermehrung von sensiblen NOB erleichtert werden kann. Weiterhin wird die Kultivierung von neuen NOB, die phylogenetisch zu den Chloroflexi gehören (Verwandte von Nitrolancea hollandica), unser Wissen über spezifische Nährstoffansprüche und Vorlieben dieser funktionellen Gruppe erweitern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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