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Die Mobilisierung klinischer Versorgung: Eine qualitativ-ethnographische Pilotstudie zu den Versorgungspraktiken im psychiatrischen Home Treatment

Antragstellerin Dr. Milena Bister
Fachliche Zuordnung Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232279595
 
An der Schnittstelle von Versorgungsforschung und Medizinanthropologie fokussiert das Projekt auf die alltägliche Arbeit von Professionellen und PatientInnen im Laufe des Umstellungsprozesses der klinisch-psychiatrischen Versorgung auf Home Treatment (HT), d.h. auf die multiprofessionelle Behandlung akuter Episoden im Lebensumfeld der PatientInnen. Die Verbindung der beiden Disziplinen ermöglicht zum einen, aktuelle Veränderungen im Versorgungssystem ethnographisch zu analysieren und zu einem empirisch-fundierten Verständnis des Versorgungsalltags beizutragen. Zum anderen erweitert diese Untersuchung das Verständnis der Rolle von Wissen, Expertise und Materialitäten in der wechselseitigen Veränderung von PatientenInnenalltagen und professionellen Routinen.Das Projekt untersucht die Einführung des HT in dreifacher Hinsicht als eine Mobilisierung der klinischen Versorgung: Erstens müssen Professionelle die Räume der Klinik verlassen und sich in die Lebenswelt der PatientInnen bewegen. Hierdurch werden Arbeitsroutinen und die Organisation der Klinik vollkommen neu gestaltet. Zweitens erfordert das Verlassen der Institution von den MitarbeiterInnen ein Umlernen professioneller Behandlungsformen, da einerseits in multiprofessionellen Teams autonom, unter eigener Verantwortung gearbeitet wird und andererseits PatientInnen und deren Angehörige stärker in den Behandlungsprozess einbezogen werden. Die Umsetzung der aufsuchenden Behandlung im HT verlangt auch von den PatientInnen und ihren Angehörigen neue Formen des Engagements, da sie für die Behandlung therapeutische Teams in ihren privaten Alltag aufnehmen. Drittens verlangt das Verlassen der Klinik eine aktive Anpassung von materiellen Infrastrukturen, wie etwa von Dokumentations- und Evaluationssystemen, sowie die Entwicklung neuer Beobachtungsverfahren, um den Behandlungsverlauf in der Durchführung des neuen Versorgungsmodells erfassen zu können. Als Ort der Untersuchung wurde eine psychiatrische Klinik in einer ländlichen und strukturarmen Region in Deutschland gewählt, die ab Oktober 2012 eine schrittweise Umstellung der klinisch-stationären Versorgung der PatientInnen auf eine bedürfnisangepasste Behandlung im HT nach dem skandinavischen Open Dialogue-Modell vorsieht. Eine qualitativ-ethnographische Analyse der dabei stattfindenden Mobilisierungsprozesse in ihrer unmittelbaren Umsetzung bietet die Möglichkeit, einerseits den anthropologischen Wissensstand zu Expertise im Wandel zu erweitern und andererseits zum Verständnis des psychiatrischen Versorgungsalltags beizutragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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