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B-legierte Werkzeugstähle - Thermodynamische Berechnungen und metallkundliche Untersuchungen zum Verhalten der Legierungselemente Mn und Mo in dem quaternären System Fe-Cr-C-B

Fachliche Zuordnung Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2012 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232707733
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Legierungskonzept, das Boride zur Substituierung von M7C3 oder MC Karbiden konventioneller, ledeburitischer Werkzeugstähle berücksichtigt, kann sich folgende Vorteile zu nutze machen: Das M2B Borid besitzt bessere mikromechanische Eigenschaften (Härte und Bruchzähigkeit), als Cr-reiche M7C3 Karbide und erreicht Werte, die sonst nur den MC Karbiden vorbehalten sind. Umfangreiche Untersuchungen der mikromechanischen Eigenschaften (Härte, Steifigkeit und Zähigkeit) der M2B Phasen in Abhängigkeit des Cr, Mn und Mo-Gehaltes haben gezeigt, dass zum einen ein Cr-Gehalt von 4-5 At.-% in einem Optimum aus Nanohärte und Zähigkeit der tetragonalen Kristallstruktur der M2B Phase mündet. Durch höhere Cr-Gehalte kann zudem die orthorhombische Struktur der M2B Phase stabilisiert werden, die sich durch eine deutlich höhere Härte auszeichnet. Die Härte der orthorhombischen Struktur kann dabei weiter über eine Mn- Dotierung bis 13 Atom% gesteigert werden. Die im Vergleich zum M7C3-Karbid höhere Härte und Bruchzähigkeit der M2B Boride lassen eine hohe Verschleißbeständigkeit auch in anspruchsvollen Tribosystemen erwarten. In den betrachteten Laborlegierungen Fe0,4C1B-2,5Cr und Fe0,4C1B-10Cr sind verhältnismäßig geringe Gehalte von Legierungselementen nötig um 15 Vol.-% der eutektischen tetr. oder orth. M2B Boride im Gefüge zu erhalten. Dadurch können die Legierungskosten verringert werden können. Zusätzlich findet die Ausscheidung der eutektischen M2B Boride losgelöst von dem Element C statt. Somit ist es möglich, die Hartphasenbildung (durch das Element B) und die martensitische Aufhärtung der Matrix (durch das Element C) voneinander zu entkoppeln. Der B-Gehalt kann dann als Stellschraube zur Justierung des Hartphasengehaltes verwendet werden. Der C-Gehalt der Matrix lässt sich dementsprechend unabhängig von der Hartphasenbildung gezielt über den C-Gehalt der Legierungszusammensetzung einstellen, sodass beispielsweise Restaustenit vermieden oder durch geringe C-Gehalte eine höhere Zähigkeit der Matrix erreicht werden kann. Im Vergleich zu konventionellen, ledeburitischen Kaltarbeitsstähle, die einen ähnlichen Gehalt an M7C3 Karbiden aufweisen, erreichen die Fe-C-B-Cr Legierungen gleiche oder bessere Eigenschaften (Härte bis 830 HV, Biegefestigkeit bis 3100 MPa, Zähigkeit bis 35 MPa√𝑚). Im Vergleich zum Stahl X153CrMoV12-1 können dabei bis zu 60 % der Legierungskosten eingespart werden. Dies verdeutlicht das hohe Potential der neuen Legierungsgruppe der Fe-C-B-Cr basierten Werkzeugstähle, die geringe Materialkosten und gute Materialeigenschaften kombinieren. Untersuchungen des Elementes Mn in Fe-C-B-Cr Legierungen haben gezeigt, dass das Element Mn keinen Einfluss auf die Stabilität der verschiedenen Boride oder Karboboride ausübt und zudem gleichermaßen eine hohe Löslichkeit in den Phasen tetr. und orth. M2B, M3(C,B) und M23(C,B)6 besitzt. Zudem besteht keine Wechselwirkung mit dem LE Cr. Durch eine Austenit-stabilisierende Wirkung des Elementes Mn können jedoch die sekundäre Ausscheidung des Karboborids Fe23(C,B)6 oder des Cr-reichen Karboborids M23(C,B)6 in Fe-C-B oder Fe-C-B-Cr basierten Legierungen aus dem Festen verzögert werden. In Gehalten bis etwa 2,5 Ma.-% erhöht das Elemente Mn somit den in der Fe-Matrix gelösten C-Gehalt, steigert so die Ansprunghärte und wirkt sich positiv auf die Härtbarkeit aus. Darüber hinaus stabilisieren Mn-Zugaben Restaustenit in den Gefügen und können bei einem Gehalt von etwa 10 Ma.-% Mn zu einer fast vollständigen Austenitstabilisierung beitragen. Untersuchungen des Einflusses des Elementes Mo in Fe-C-B-Cr Legierungen haben gezeigt, dass Mo eine stabilisierende Wirkung auf das Karboborid vom Typ M23(C,B)6 entfaltet. Das Element Mo besitzt nur eine geringe Löslichkeit in den tetr. oder orth. M2B Boriden. Demnach destabilisieren Mo-Zugaben die Boride vom Typ M2B, auch bei hohen B/(C+B)-Verhältnissen und gleichzeitiger Zugabe des Elementes Cr nicht. Stattdessen bildet sich das Karboborid M23(C,B)6 als niedrigschmelzende eutektische Phase und bindet die Elemente Mo, sowie C und falls vorhanden auch Cr ab. Hohe Mo-Gehalte stabilisieren zudem das Borid M3B2, das sich dann zusätzlich im Eutektikum bildet. Sekundäre Ausscheidungen der Phasen M3B2 und M23(C,B)6 bilden sich in Mo- sowie in Mo+Cr-legierten Fe-C-B Legierungen aus dem Festen. Untersuchungen des Härte-Anlassverhaltens haben gezeigt, dass eine Härteabnahme mit steigenden Anlasstemperaturen durch die Ausscheidung der Phasen M23(C,B)6 und M3B2 aus dem Festen kompensiert wird. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die eutektische Kristallisation Mo-reicher Boride oder Karboboride nicht vermieden werden kann. Hohe Mo-Gehalte tragen dann zwar zur Destabilisierung eutektischer Ausscheidungen des M23(C,B)6 Karboborids bei, jedoch ist dies mit hohen Legierungskosten für das teure Element Mo verbunden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Gefügeausbildung und mikromechanische Eigenschaften einzelner Phasen von untereutektischen Fe-C-B Legierungen, in: S. Mayer, M. Panzenböck, H. Clemens (Eds.), Fortschritte in der Metallographie, Bonn: INVENTUM GmbH, 2014, 283–288
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
  • Alloy design in the system Fe-C-B, Proceedings of the 3rd International Conference on Stone and Concrete Machining (ICSCM) 2015 337–48
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.13154/icscm.3.2015.309-319)
  • Boron-alloyed Fe–Cr–C–B tool steels — Thermo-dynamic calculations and experimental validation, Materials & Design 2015 (88) 420–429
    A. Röttger, J. Lentz, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.matdes.2015.08.157)
  • Solidification and phase formation of alloys in the hypoeutectic region of the Fe–C–B system, Acta Materialia 2015 (99) 119–29
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2015.07.037)
  • Mechanism of the Fe3(B,C) and Fe23(C,B)6 Solid State Transformation in the Hypoeutectic Region of the Fe-C-B System, Acta Materialia 2016 (119) 80-91
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2016.08.009)
  • Enhancement of hardness, modulus and fracture toughness of the tetragonal (Fe,Cr)2B and orthorhombic (Cr,Fe)2B phases with addition of Cr, Materials & Design 2018 (156) 113–124
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.matdes.2018.06.040)
  • Hardness and modulus of Fe2B, Fe3(C,B) and Fe23(C,B)6 borides and carboborides, Materials Characterization 2018 (135) 192-202
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.matchar.2017.11.012)
  • Werkstofftechnische Charakterisierung untereutektischer Legierungen im System Fe-C-B-Cr-X, Bochum, Ruhr-Universität, 2018
    J. Lentz
    (Siehe online unter https://doi.org/10.13154/294-6307)
  • (2020) Microstructures, Heat Treatment, and Properties of Boron‐Alloyed Tool Steels. steel research international, 91 (5) 190041
    J. Lentz, A. Röttger, W. Theisen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/srin.201900416)
 
 

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